Cover des Buches Die neue Völkerwanderung nach Europa (ISBN: 9783421047748)
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Rezension zu Die neue Völkerwanderung nach Europa von Hans-Peter Schwarz

Kluge Analyse, wenig erleuchtende Synthese

von M.Lehmann-Pape vor 7 Jahren

Rezension

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M.Lehmann-Papevor 7 Jahren
Kluge Analyse, wenig erleuchtende Synthese

Wie gewohnt sprachlich glänzend und fundiert recherchiert nimmt sich Hans-Peter Schwarz in seinem neuen Werk der „Mammutaufgabe“ der Flüchtlinge, vor allem derer mit Ziel Europa, an.

Dabei wird von der ersten bis zur letzten Seite zum einen sein persönlicher Standpunkt deutlich (dass es so, wie geschehen, rechtlich nicht geht, das aber auch das Rechtssystem Europas gegenüber Asylbewerbern und Flüchtlingen verändert, verschärft werden müsste).

Mithin bildet Schwarz eine, um es in griffige Formeln zu gießen, klar „konservative“ Meinung und Betrachtung ab, die im Hintergrund immer wieder die Gefahren durch Millionen von emigrationswilligen Flüchtlingen (in Schwarz Augen zu einem hohen Teil Wirtschaftsflüchtlinge) für Europa mitlaufen lässt.

Der „Schutz Europas“ durch eine gemeinsame, zu verändernde Rechtsgebung und die Begegnung mit diesem „Problem“ durch eine kühl-verstandesgemäße Bewertung und Entscheidung (statt einer werteorientierten „ideellen Haltung“ sind jene Veränderungen, auf die es im Duktus des Buches hinauslaufen sollte.
Wie das konkret gehen könnte, darüber gibt Schwarz nun deutlich weniger dezidiert Auskunft als in seiner detaillierten und prägnanten Analyse von Ursachen und Wirkungen der „Massenflucht“.

Mit ebenso klarer Stellungnahme und Sprache den aktuell handelnden Akteuren gegenüber.

„In Wirklichkeit aber sind diese mediokren, gefahrenbinden Eliten unterwegs nach Extremistan“. Was weniger eine „nationalistische“ Haltung des Autors widerspiegelt (auch wenn solche Formulierungen aus dieser Richtung durchaus ja bereits bekannt sind), als eine schon europäische Sicht der Dinge.
An den Grenzen Europas aber hört dann „der Spaß“ auf, könnte man sagen.

Die Analyse allerdings ist der Lektüre in der Breite wert.
Beginnend bei den Kolonialbestrebungen früherer Jahrhunderte und die Folge (in Form eines “schwarzen Schwans“), dass eben keine bewaffneten Kriege und Kämpfe zwischen den Kulturen ausbrechen, sondern eine „unbewaffnete Karawane“, der man mit herkömmlichen „Mitteln der Verteidigung“ nicht Herr werden kann, sich ihren Weg nach Europa sucht, versteht es Schwarz, pointiert und anregend zu lesen den Status Quo zunächst darzulegen.
Bereits sprachlich allerdings mit Wertungen, in denen die Haltung des Autors klar wird, dennoch aber übergreifend nachvollziehbar argumentiert.

Dass dann „frivoler Optimismus und gutbürgerliche Gefahrenblindheit“ konstatiert werden, zeigt, wie an vielen anderen Stellen, doch eine starke Abwertung gegenüber den aktuell handelnden politischen Kräften und weiten Teilen der Gesellschaft auf, die im „Geschmack“ der Lektüre doch polemisch und dogmatisch wirkt.

Was bedauerlich ist, denn in ausgewogenerer Sprache wären die kritischen Betrachtungen der „beunruhigenden Entdeckung: die Institutionen der europäischen Union sind nicht in der Lage, mit dem Völkerwanderungsdruck (auch das pointiert und wertend als Begriff bereits) fertig zu werden“.

Wenn man ergänzt, „noch nicht in der Lage“ und wenn man Klarheit darüber gewinnt, dass hier Handlungsbedarf besteht für ein geordnetes Verfahren statt Schnellschüsse, die nicht selten nach hinten losgehen (wie Abschiebungen nach Afghanistan aus Deutschland u.a.)., dann legt Schwarz durchaus seinen Finger auf eine Reale Wunde, die „zu verarzten“ ist.
Die vielfachen einengenden und abwertenden, nicht nur sprachlichen, Tendenzen im Buch sollte man dann aber dahingestellt lassen. Außer man nutzt das Werk allein zur Unterstützung eigener, stark konservativer Meinungen. Was aber dann nicht zu den wichtigen Anstößen auf allen Ebenen führt, die durch die Analyse im Buch möglich und nötig wären.

Eine pointierte und nachvollziehbare Betrachtung der Ursachen vielfältiger Motive zur Flucht, aber wenig aussagekräftig in konkreten Instrumenten, ideelles (denn Europa ist nicht erst an letzter Stelle auch eine Wertegemeinschaft) und „vernünftiges“ Handeln miteinander auszubalancieren.
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