Rezension zu "Kurzgefasste Verteidigung der Heiligen Inquisition" von Hans Conrad Zander
Bisher mein Buch des Jahres.
Das Titelbild lässt auf eine Satire schließen und als eine solche wurde mir dieses Buch auch verkauft - letztendlich ist diese Bezeichnung aber schlichtweg falsch.
Es handelt sich hierbei zwar nicht um eine wissenschaftliche Abhandlung über die Inquisition (leider fehlen auch Quellenangaben zum Weiterlesen), aber dennoch stützt sich Zander beim Aufbau der Reden seines imaginären Großinquisitors stets auf Fakten.
Fakten, die er locker-flockig in Worte fasst, sodass ein leichtes Schmunzeln des Lesers nicht immer ausgeschlossen ist. Zanders Großinquisitor ist nach eigenen Angaben jung, betrachtet Dinge stets nüchtern, hat einen Sinn für trockenen Humor und mag weder Luther noch dessen Protestanten. Ein wirklich netter Zeitgenosse. ;)
Im Laufe der fünf Kapitel seines Buches zeigt Zander also auf seine unvergleichliche Art u.a. auf, dass das weit verbreitete Bild von der "bitterbösen, hexenverbrennenden Inquisition" so nicht stimmt, sondern sich eher von dem zweifelhaften Ruhm des deutschen Großinquisitors ableitet, auf den o.g. leider zutraf.
Ketzer mochte man dagegen damals gar nicht. ;)
...wobei eher das abergläubige Volk ein Problem war, das gelegentlich zu Lynchmorden neigte - aber dazu gleich.
Zudem lernen wir allerhand historische Persönlichkeiten wie Galilei (der wohl ein wenig zu größenwahnsinnig war), Robert Bellarmin und Papst Pius V. kennen, den mittlerweile heilig gesprochenen Großinquisitor M. Ghislieri, der eine wichtige Rolle im Kampf gegen die Osmanen spielte.
...und natürlich den Dominikanerorden, dem die Inquisition die meiste Zeit über oblag - der Autor war ja mal selbst Dominikaner, daher wahrscheinlich seine Fachkenntnis.
So schlecht kann es also nicht gewesen sein - und vor allem wollte man ja durch die prozessliche Regelung von seiten einer kirchlichen Institution (Inquisition) die üblichen und relativ zahlreichen Lynchmorde vermeiden: Das einfache Volk war damals ja "etwas" abergläubig und griff von daher eher zum Knüppel, um sich von einer vermeintlichen Hexe oder einem Ketzer zu befreien, während diese ansonsten einen fairen Prozess bekamen.
Dass sog. Ketzer dennoch teilweise hingerichtet wurden, streitet Zander nicht ab, zeigt jedoch auf, was historische Wahrheit ist und was schlichtweg übertrieben (z.B. Opferzahlen in Millionenhöhe).
Zander schreibt ein Buch, indem viel Wahrheit steckt und beleuchtet dabei sowohl Licht- als auch Schattenseiten der Inquisition und der damaligen Zeit.
Einziger Kritikpunkt: Ich habe an Literatur zum Thema keinen Mangel, aber gerade für Leute, die darüber hinaus noch ein paar Bücher dazu lesen möchten, wären Quellenangaben nicht übel gewesen. Aber gut: Man wird ja ungefähr wissen, wonach man sich umsehen muss.
Ansonsten ist das hier ein intelektuelles und zudem unterhaltsames Lesevergnügen, das ich jedem empfehlen kann, der an Kirchengeschichte interessiert ist. Ein Buch, das mit den üblichen Vorurteilen aufräumt, fern von pauschalisierendem Einheitsbrei und hochinteressant. Zudem ist mir Zanders ganz und gar nicht verstaubte Art zu schreiben schlichtweg sympathisch und seine Argumente gut nachvollziehbar.
Volle Punktzahl mit Sternchen.