Rezension zu "Da steht mein Haus" von Hans Keilson
Kurz bevor er am 31. Mai 2011 im 102. Lebensjahr in Holland verstarb, konnte er das Erscheinen seines letzten Buches noch miterleben. Hans Keilson, 1909 in Bad Freienwalde geboren, und 1933 mit seinem auch damals schon bei S. Fischer erschienenen Roman „Das Leben geht weiter“ sehr erfolgreich, emigrierte 1936 nach Holland, wo er die Nazizeit überlebte und nach dem Krieg bis kurz vor seinem Tod als Psychoanalytiker mit Überlebenden des Holocaust und deren Nachkommen arbeitete und dazu auch wegweisende Bücher veröffentlichte. Aber er war nicht nur Arzt und Therapeut, sondern auch Schriftsteller, den der S. Fischer Verlag im Jahr 2005 mit einer zweibändigen Werkausgabe ehrte.
Die nun hier vorliegenden Erinnerungen „Da steht mein Haus“ sind schon 1990 mit kurzen, epigrammatischen Aufzeichnungen begonnen worden, und waren dann lange liegen geblieben. Im Rahmen der Herausgabe eines Essaybandes unter dem Titel „Kein Plädoyer für eine Luftschaukel“ fielen dem Autor und seinem Lektor diese Aufzeichnungen wieder in die Hände und beide beschlossen, sie in eine Ordnung zu bringen und zu veröffentlichen.
Die zum Teil nur kurzen Texte blicken auf ein bewegtes Leben zurück. Die Kindheit und Jugend, das Bewusstwerden dessen, was es in Deutschland hieß, ein Jude zu sein, die Emigration nach Holland.
Immer wieder beklagt Hans Keilson, dass er es nicht verhindern konnte, dass seine Eltern im KZ umgebracht wurden.
Seine Texte reflektieren immer wieder das Thema „In der Fremde zu Hause sein“, ein alter jüdischer Topos. Ganz am Schluss des Buches teilt Hans Keilson seinen Lesern eine Lesefrucht mit, die mir neu war, und die zeigt, wie schon in der ältesten jüdischen Überlieferung dieses Thema interpretiert wird.
„Unlängst las ich in einem kleinen Essay von Emmanuel Levinas eine Erklärung: Abraham habe, als er auf Geheiß Gottes seine Heimat in Ur- Kasdim verließ und sich auf Wanderschaft begab, in der Wüste einen Baum gepflanzt, eine Terebinthe. Dem Talmud zufolge sind die drei in diesem Wort vorkommenden Konsonanten TRB die Anfangsbuchstaben der hebräischen Worte für Getränk, Nahrung und Wohnung. Abraham war in der Wüste zu Hause.“
„Da steht mein Haus“ ist ein letztes literarisches Zeugnis eines beeindruckenden Menschen und gleichzeitig ein zeitgeschichtliches Dokument. Es motiviert, auch die anderen Bücher von Hans Keilson zu lesen.