Hans Mommsen

 4,1 Sterne bei 10 Bewertungen

Lebenslauf

Hans Mommsen, geboren 1930; Studium in Marburg und Tübingen; 1959 Promotion, Referent im Institut für Zeitgeschichte in München; 1963 bis 1968 wissenschaftlicher Assistent in Heidelberg; 1968 Professor für Neuere Geschichte II an der Ruhr-Universität Bochum; Fellow des Institute for Advanced Study in Princeton und des Wissenschaftskollegs zu Berlin. Gastprofessuren in den USA und in Israel. Publikationen zur mitteleuropäischen Arbeitsbewegung und zur politischen und sozialen Entwicklung Deutschlands in der Zwischenkriegszeit. Hans Mommsen verstarb am 5. November 2015.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Hans Mommsen

Neue Rezensionen zu Hans Mommsen

Cover des Buches Eichmann in Jerusalem (ISBN: 9783492248228)
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Rezension zu "Eichmann in Jerusalem" von Hannah Arendt

Tatsachenwahrheit als (einziger?) Maßstab der Gerechtigkeit
BrittaRoedervor 8 Jahren

Hanna Arendt, Publizistin, Autorin, streitbare politische Theoretikerin, begleitete von April bis Dezember 1961 als Journalistin die Jerusalemer Eichmannprozesse und veröffentlichte dazu eine Berichtstrecke „Eichmann in Jerusalem - von der ‚Banalität des Bösen‘ in der Zeitschrift New Yorker.
Dieser Veröffentlichung folgte eine große Debatte, in deren Rahmen Arendt heftig kritisiert, ja sogar angefeindet wurde.
Denn – die deutsch-amerikanische Journalistin, selbst Jüdin, kritisierte in ihrem Text nicht nur offen den Prozessverlauf, ja sie stellte ihn sogar teilweise in Frage.
Die öffentliche Empörung war riesig. Wie konnte sie es wagen, einen der schlimmsten Massenmörder des Dritten Reiches zu verteidigen? Wie die Schwere seiner Schuld zu relativieren?

Die 2011 erschienene mit einem sehr aufschlussreichen Vorwort von Hans Mommsen versehene Ausgabe gibt der Berichterstattung eine dankenswert neutrale Plattform.
Insgesamt sind die zusammengefassten Berichte von Arendt gut lesbar. Chronologisch folgt sie in ihrer Darstellung dem Prozessverlauf, weicht aber auch regelmäßig ab um ergänzende Fakten einzubringen. In diesem Sinne liefert Arendt auch heutigen Lesern noch immer eine fundierte Quelle über die Ereignisse rund um den Prozess. Man kann ihre Texte aber auch als eine große zusammenfassende historische Darstellung der Gräueltaten der Nationalsozialisten sehen.  Arendts Berichtston bleibt dabei immer kühl und sachlich. Bittere Ironie ist das höchste Maß an Polemik, das sie sich als Berichterstatterin gestattet. Diese Nüchternheit, mit der sie das Grauen ungeschönt benennt,  verleiht den zahllosen Opfern die verdiente Würde und weitet den Blick der Leserschaft auf das unfassbare Ausmaß dieses Verbrechens.

Darüber hinaus sind Arendts Schriften noch in einem weiteren Kontext zu betrachten:
Immer wieder kommt sie auf die Frage zurück, wie Eichmanns Anteil am Holocaust zu bewerten ist. Und immer wieder kommt sie dabei zu dem Schluss, dass er in Wahrheit lange nicht die tragende Rolle spielte, die man ihm anhängt. Um allen Missverständnissen vorzubeugen: sie nimmt ihn nicht in Schutz, sie zweifelt nicht an seiner Schuld, an seinem Beitrag am Morden. Aber sie stellt die Korrektheit des juristischen Verfahrens in Frage, kritisiert die Verhandlungsführung, die Auslegung der Beweise etc.
Und sie sieht in den Verbrechen Eichmanns (und der Nationalsozialisten) nicht nur das Verbrechen am jüdischen Volk bzw. ein Verbrechen an der Menschlichkeit sondern das Verbrechen an der Menschheit begangen am jüdischen Volk, wodurch es im Grunde nur noch schwerer wiegt.
Auch wehrt sie die These ab, das jüdische Volk historisch in einer Opferrolle zu sehen.

Arendts Beharren auf eine neutrale Behandlung aller historischer Fakten, ihre Forderung nach Objektivität zu jeder Seite hin, hat viele Diskussionen aufgeworfen.
Sie muss eine unbequeme Frau gewesen sein. Eine mutige Frau war sie in jedem Fall, denn mit ihrer kompromisslosen Art brachte eine breite Öffentlichkeit gegen sich auf.
Alleine diese ihr eigene unbestechliche Art auf die Wahrheit der Tatsachen zu bestehen, macht dieses Buch zu einer lohnenden und hochaktuellen Lektüre.

Cover des Buches Zur Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert  - (ISBN: 9783421044907)
W

Rezension zu "Zur Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert -" von Hans Mommsen

Rezension zu "Zur Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert -" von Hans Mommsen
WinfriedStanzickvor 13 Jahren

Hans Mommsen ist unbestritten einer der bedeutendsten Historiker der Nachkriegszeit. Immer wieder hat sich der streitbare Wissenschaftler eingemischt in die öffentliche und politische Debatte, etwa im Historikerstreit 1986, wo er in einem Beitrag im Merkur eine Tendenz in der bundesrepublikanischen Geschichte kritisierte, das Dritte Reich zu verdrängen. Dazu zählte er auch die „Theorie der ‚totalitären Diktatur‘“, mit welcher die Konservativen eine „prinzipielle Gleichsetzung von nationalsozialistischer Diktatur und kommunistischer Herrschaft“ vollzogen hätten. Damit habe man sich sowohl als antifaschistisch bezeichnet als auch die Linke ausgegrenzt und kriminalisiert. Nun werde versucht, „durch die historische Relativierung des Nationalsozialismus ältere obrigkeitsstaatliche Einstellungen wieder hoffähig“ zu machen.

Die hier veröffentlichten Aufsätze sind bis auf sechs Ausnahmen bisher unveröffentlicht und atmen alle den Geist des zitierten Merkur - Aufsatzes. Die Essays umfassen einen Zeitraum der Geschichte Deutschlands von 1918 bis 1945. Die handeln von „Demokratie, Diktatur, Widerstand“, wie der Untertitel des Buches heißt. Insofern ist der Haupttitel etwas irreführend, denn die Geschichte Deutschlands im 20. Jahrhundert hat ja nicht 1945 geendet, ganz im Gegenteil.

Doch das, was in den Jahren 1918 bis 1945 geschehen ist, muss richtig verstanden und begriffen, richtig eingeschätzt und bewertet werden, will man die Geschichte Nachkriegsdeutschlands einordnen. Das genau hat ja der Historikerstreit gezeigt, dass es nicht unerheblich ist, wie viele historische Fakten zwischen 1918 und 1945 bewertet werden.

Die zu ganz unterschiedlichen Anlässen entstandenen Essays sind für dieses Buch gut und systematisch angeordnet und bieten erstklassigen historischen Lesestoff. Man kann sie je nach Interesse einzeln lesen, aber auch die fortlaufende Lektüre bietet einen exzellenten Überblick über die Geschichte Deutschlands in diesem Zeitraum.

Für alle Menschen, die sich für deutsche Gesichte interessieren, für alle, die ahnen, dass die Zeit zwischen 1918 und 1945 eben nicht einfach historisiert werden kann, ist dieses Buch eine unverzichtbare Lektüre und ein intellektuelle Genuss.

Cover des Buches Eichmann in Jerusalem (ISBN: 9783492248228)
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Rezension zu "Eichmann in Jerusalem" von Hannah Arendt

Rezension zu "Eichmann in Jerusalem" von Hannah Arendt
rd19779vor 14 Jahren

(Karl) Adolf Eichmann (1906 – 1962) war während der Nazi-Diktatur verantwortlich für den Transport der Juden aus allen Teilen Europas in die Konzentrationslager – um sie dort vernichten zu können. Er selbst hat keinen Menschen getötet und auch jener Schauprozess in Jerusalem (1961), den dieses Buch als Thema hat, konnte ihm nicht das Gegenteil beweisen.
Hannah Arendt – selbst angehörige des betroffenen Volkes – beschreibt als Reporterin die Ereignisse vor Ort und pendelt dabei zwischen den Rollen als Anklägerin, Verteidigerin und Richterin. Sie lehnt das Verfahren ab, weil sie ein internationales Tribunal bevorzugt hätte und fertig dabei einen »Bericht von der Banalität des Böses«, indem sie den Angeklagten als unfähige, selbstgefällige Marionette seiner Eitelkeiten zeigt, der selbst gar nicht Antisemit ist und nur der Karriere wegen, Millionen Menschen in den Tod schickt!
Die Autorin philosophiert über diverse rechtstheoretische Fragen: von der Legitimität der Entführung des Angeklagten über Rechtsgrundlagen für das Verfahren und seinen Ablauf bis hin zur Urteilsbegründung und dem Strafmaß. Das ist einerseits sehr interessant und aufschlussreich, andrerseits aber extrem schwierig zu lesen, da sie ihre scheinbar unendlichen Gedankengänge in ebensolche Sätze fassen will. Dabei vergisst man leider manchmal am Ende bereits, worum es am Anfang ging. Das Werk verlangt sehr viel Konzentration und eine intensive Auseinandersetzung mit der Geschichte, ist aber dennoch sehr empfehlenswert.

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