Die beiden Bände der Beuys-Biografie habe ich in einem Zug gelesen und kann diese Lektüre auch Lesern empfehlen, die sich nicht für Kunst interessieren.
Hans Peter Riegel gelingt es einen umstrittenen Künstler und seine für Wenige verständliche Kunst in eine fesselnde Lektüre zu verwandeln. Dabei ist die Recherche überaus detailliert ohne jedoch den Lesefluss zu beeinträchtigen. Riegel gelingt vor allem auch die Biografie von ihrem zeitgeschichtlichen Hintergrund, von der Armut der Zwanziger Jahre über die NS-Zeit, bis in die Aufbruchstimmung der Sechziger Jahre und die Neuzeit der Grünen Bewegung kenntnisreich darzustellen.
Man versteht, wie stark Beuys Werk an Rudolf Steiner gefesselt war, ja man lernt mit den Büchern von Riegel die Werke von Beuys zu entschlüsseln. Höchst interessant ist zu lesen, auf welche Weise es Beuys gelang, über seine wahren Ideale hinweg zu täuschen, nämlich mit seiner Kunst die Ideen Steiners zu transportieren und eine Gesellschaft nach anthroposophischen Regeln zu schaffen. Was stattdessen von vermeintlichen Kunstexperten in Beuys' Worte und Werke hinein interpretiert wurde, ist sehr amüsant.
Ebenso erhellend, wie Beuys aller Welt seine eigene Biografie vorspielte, von der große Teile frei erfunden waren. Tragisch ist zu erfahren, daß er keineswegs ein linker, grüner Visionär, sondern viel mehr ein Reaktionär mit seltsam gestrigen Ideen war.
Spannend wie ein Roman