Cadavre Exquis, auf deutsch übersetzt heißt es vorzügliche oder köstliche Leiche, bezeichnet eine im Surrealismus von André Breton 1924 entwickelte spielerische Methode, dem Zufall bei der Entstehung von Texten und Bildern Raum zu geben.
Definition von André Breton:
«Cadavre Exquis – Spiel mit gefaltetem Papier, in dem es darum geht, einen Satz oder eine Zeichnung durch mehrere Personen konstruieren zu lassen, ohne dass ein Mitspieler von der jeweils vorhergehenden Mitarbeit Kenntnis erlangen kann. Das klassisch gewordene Beispiel, das dem Spiel seinen Namen gegeben hat, bildet den ersten Teil eines auf diese Weise gewonnenen Satzes: Le cadavre-exquis-boira-le-vin-nouveau (frz. = Der köstliche-Leichnam-wird-den-neuen-Wein-trinken)»
Eine Person beginnt schreibt / malt, das Blatt wird geknickt, ein zweiter, dritter ... Spieler arbeitet am Werk weiter, ohne zu wissen, was der Vorgänger kreiert hat. Man einigt sich auf ein festes Satzschema, z. B. Subjekt (Artikel, Adjektiv/ Attribut und Substantiv) – Prädikat – adverbielle Bestimmung – Objekt (Artikel, Adjektiv und Substantiv). Der Erste schreibt nun einen Satzanfang (z. B. Artikel und Adjektiv), knickt das Papier um, und reicht es an den Nachfolger weiter. Danach schreibt der Erste ein Wort aus der nächsten vereinbarten Kategorie (z.B.: ein Substantiv), knickt den Zettel um und gibt ihn weiter. Das wiederholt sich, bis ein Satz entstanden ist (grammatische Feinheiten werden am Ende korrigiert). Beim Zeichnen geht es nach gleichem Schema: Ein Körper entsteht: die/der Erste malt den Kopf, der nächste Oberkörper und Arme, nun folgen der Unterleib, die Beine, zm Schluss die Füße. Bei weniger / mehr Teilnehmern gibt es eine andere Einteilung. Wichtig ist es, beim Falten Ansätze sichtbar zu lassen – eben soviel, dass der nächste sieht, wo er weitermalen soll, ohne zu verraten, was oben gezeichnet ist. Am Ende wird das Blatt entfaltet, und nun sollte es viel Spaß geben, denn das Ergebnis ist auf jeden Fall ein surreales, skurriles Körperbild. Wenn die Zeichner ein wenig kreativ sind (man muss kein Zeichentalent besitzen), kommen dabei recht lustige, interessante Körper heraus. Nun kann man diskutieren, wer oder was dieses Ding da ist und ihm oder ihr einen Namen geben. Auch die Sätze sind surreal und rufen im Allgemeinen Lacher hervor.
«Ein denkender Blumentopf, eine Casio-Echse oder eine Augapfel-Hängematte», Kurator Hans Ulrich Obrist hat dieses Spiel in den letzten Jahren immer wieder gespielt - mit Dan Graham, Katharina Grosse, Pippilotti Rist, Gerhard Richter und vielen mehr. So sind an die 200 solcher Scribbles entstanden. Das Buch zelebriert die Handzeichnung in Zeiten von Voice Messages. Und natürlich fordert es dazu auf, selbst dieses Spiel auszuprobieren!