Cover des Buches Kirche, öffne dich! Hat die Kirche noch Zukunft? (ISBN: 9783863342135)
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Rezension zu Kirche, öffne dich! Hat die Kirche noch Zukunft? von Harald Glööckler

Gar nicht pompöös, sondern menschlich nah

von Faidit vor 6 Jahren

Kurzmeinung: Überraschend tiefgründig und auf den Punkt gebracht!

Rezension

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Faiditvor 6 Jahren

Ein paar Wochen bevor ich dieses Buch in die Hände nahm, habe ich ein Interview mit Harald Glööckler im Radio gehört und war von seinen Aussagen bezüglich der Kirche und seinen negativen Kindheitserlebnissen getroffen und berührt. Die Tiefgründigkeit seiner Gedanken und Aussagen überraschte mich sehr, da ich ihn als schillernden Prominenten für oberflächlich und materiell hielt. Und damit hatte ich genau das getan, was man als christlich eingestellter Mensch eben nicht tun sollte und was genau auch eines der ersten Themen in seinem Buch ist - nämlich nicht über andere zu richten!

Die Erfahrungen von Herrn Glööckler, die in seinem Radio-Interview kurz angesprochen wurden, haben mich sofort an meine eigenen Kindheitserfahrungen mit der Kirche erinnert, die mich letztendlich auch von ihr entfernten, weil ich mit meinen Fragen und Sorgen von Priestern und Nonnen alleine gelassen wurde und keine eindeutigen und befriedigenden Antworten sondern nur Floskeln zu hören bekam. Angefangen hat diese Entfernung bei mir als Kind von weniger als 10 Jahren, das sich sehr enttäuscht von Gott fühlte, weil Er meine kindlich frommen Gebete nicht so erhörte, wie es mir von der Kirche bei Gott gefälligem Leben versprochen wurde und die ich eifrig und vertrauensvoll auf Knien, unter Tränen und von Herzen in den Himmel sandte. Doch die erwartete Hilfe kam nicht, um meinen allabendlich betrunkenen Vater bitte vom Alkohol abzubringen. Irgendwann sah ich darum schon im Kindesalter keinen Sinn mehr im Beten und weitere Erfahrungen bis ins junge Erwachsenenalter führten bei mir ebenfalls wie beim Autor trotz starkem Engagement in der Kirche und Teilnahme an Seminaren und mehreren Gottesdiensten in der Woche letztendlich mangels Antworten zum Bruch. Da die Existenz Gottes für mich zweifelsfrei immer feststand und auch noch heute feststeht, muss irgendetwas bei seiner „Verwaltung“ hier auf Erden falsch laufen. Inzwischen habe ich meine eigene Sichtweise entwickelt, welche ziemlich konform mit der des Autors geht und die Gott nicht mehr mit Religion und Kirche verbindet. Seither ist Gott mehr denn je der Mittelpunkt meines Lebens. Wenn ich die Kirche also dahingehend betrachte, dass diese von ihr unbefriedigt beantworteten Fragen mich nach langer Suche ebenfalls Jesus sehr nahe gebracht haben, muss ich dieser Institution heute für ihre lieblose Denkweise sogar danken.

Mich interessierte vor dem Lesen des Buches besonders, wieso – so wie es der Buchtitel suggeriert - Herr Glööckler trotz seiner Erfahrungen noch immer an der Kirche festhalten kann; welche Argumente seiner Ansicht nach für und welche gegen die Kirche sprechen. Und hier wies mich dieses einfach verständliche und simple Buch darauf hin, dass es mit meiner Vergebung und Nächstenliebe noch nicht zum Besten steht.
Beim subjektiven Schreibstil des Autors fühlt man sich in dessen privateste Erfahrungen und Gedanken eingeweiht. Mutig und offen spricht Herr Glööckler über seine traumatischen Erlebnisse und seine Meinung in Bezug auf Kirche und Religion, ohne dabei der Kirche etwas wütend nachzutragen, sondern er im Gegenteil tolerant und mit christlicher Güte anspricht, wo es in der Institution hakt. Über die Richtigkeit von Religionsansichten und ihren Quellen kann man ohnedies bis in alle Ewigkeit streiten und wird nie auf einen Nenner kommen. Und die Kirchen brauchen sich nicht zu ändern, so lange sie Gemeindemitglieder haben, die völlig mit ihnen konform sind und hinter den Dogmen über Tod und Verdammnis stehen. Denn auch wenn diese Ansicht aus marketingtechnischen Gründen heute von kaum einem katholischen Pfarrer mehr öffentlich gepredigt wird, so ist sie dennoch biblisch verankerte Grundlage der christlichen Religionen und ein großer Widerspruch zur ebenfalls gelehrten Liebe Jesu.

Dieses Buch, in dem kurz und knackig viele Fragen zusammengefasst werden, die so manchen Christen beschäftigen, gibt auch Hilfe auf der Suche nach Antworten. Es eignet sich sehr gut, nicht nur die Kirchenobrigkeiten, sondern auch den einzelnen Menschen bei der Nase zu packen, wieder ein bisschen wachzurütteln und zum Nachdenken und Hinterfragen anzuregen. Über die tiefgründigen Äußerungen und Belesenheit von Herrn Glööckler war ich sehr überrascht. Wenn jeder auf der Welt ein bisschen von seiner Güte und Toleranz hätte, würde sie um einiges besser werden.

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