Rezension zu "Nur einer sah meine Seele" von Harmony Dust
Ich lese schon seit vielen Jahren gern Biografien und liebe es neben dem Sehen von biografisch inspirierten Filmen auch, im persönlichen Gespräch die Geschichte von Menschen zu erfahren. Dadurch hat sich mir, die ich rückblickend doch größtenteils sehr behütet aufgewachsen bin, mit Anfang 30 ein weiter Horizont an Lebenserfahrungen und auch Abgründen eröffnet. Ich würde behaupten, dass ich inzwischen einiges „vertrage“.
Doch die Biografie von Harmony Dust „Nur einer sah meine Seele“ zu lesen, ging mir aufgrund ihrer leidvollen Erfahrungen doch näher, als ich erwartet hatte. Interessierten, die eine ähnliche christliche Sozialisation wie ich erleben durften, kann ich dieses Buch daher mit gutem Gewissen tatsächlich erst ab 25 empfehlen oder wenn mann oder frau bereits eigene, gute (!) Erfahrungen mit Sexualität und sexueller Entfaltung gemacht hat.
Trotz dieser ernst gemeinten Vorwarnung kann ich Dusts Biografie hundertprozentig empfehlen. Ihre Geschichte zieht den Leser mit hinein und ist an Dramatik spannender und ergreifender als so mancher aktuelle Film. Ihre Geschichte ist einzigartig und doch exemplarisch für viele Frauen, die heute in der Sex-Industrie arbeiten, da sie selbst früh in ihrem Leben massiven Missbrauch erlebte und sich ein zerstörtes Selbstbild hinter ihrem hübschen Gesicht verbarg. Mit Anfang 20 hatte sie mehr gesehen, als so mancher Mensch in seinem ganzen Leben.
Drei Jahre lang arbeitete sie als Tänzerin und führte dabei als Studentin mit 1A-Noten ein Doppelleben, gefangen in Schulden und einer krankhaften Beziehung zu einem Mann, der sie nicht liebte. Als sie in einem Tanzkurs einer Christin begegnete, erzählte sie ihr von ihrem geheimen Leben und erfuhr zu ihrer Verblüffung keine Verurteilung. Das machte sie neugierig auf den Glauben dahinter und so begann ihre Lebenswende. Später gründete sie eine Organisation, die unter Frauen in der Sexbranche Los Angeles arbeitete und inzwischen viele Ableger in den USA hat.
Doch ihre Geschichte hat auch dem deutschsprachigen Leser viel zu sagen. Auch hierzulande boomt das Geschäft mit käuflicher Liebe und Pornografie mehr denn je. Die Gemeinde Gottes öffnet ihre Augen langsam für diese Realität und beginnt, nach Antworten darauf zu suchen. In diesem Buch eröffnet sich eine ehrliche Perspektive auf Hintergründe und Möglichkeiten, den Menschen, die in dieser Branche gefangen sind, zu helfen und ihnen mit der Liebe Gottes zu begegnen.
Selten habe ich eine so gut geschriebene Biografie gelesen, die nicht von einem Co-Autor mit verfasst wurde. Ich empfehle dieses Buch daher (mit der obigen Einschränkung!) allen, die gern spannende Lebensberichte lesen, aber insbesondere auch Leuten, die darüber nachdenken, mit Frauen zu arbeiten, die ihren Körper verkaufen oder selbst davon betroffen sind. Jesus macht frei! – diese hoffnungsvolle Botschaft ist das Resümee und die Lebensbotschaft von Harmony Dust, die sich zu lesen lohnt. Wie sie selbst am Schluss des Buches schreibt: „Zweite Chancen gibt es wirklich.“