Nachdem mich die ersten zwei Shakespeare Stücke nicht überzeugt haben, diesmal Hamlet.
Es hat seinen Grund, warum einige Stücke oder Bücher eines Autors bekannt sind, die anderen aber nur als Teil des Gesamtwerkes überleben. Hamlet ist zu Recht eines der bekannten Stücke Shakespeares.
Hamlet, der Prinz von Dänemark, ist sauer. Kaum ist sein Vater 2 Monate unter der Erde, hat seine Mutter dessen Bruder, also Hamlets Onkel Claudius geheiratet. Seltsamerweise wird das als fast inzestuös bezeichnet, obwohl sie nicht blutsverwand sind.
Wie auch immer, Hamlet ist sauer und trägt weiter schwarze Trauerkleidung und nervt alle damit, die einfach nur vergessen wollen, dass es da mal seinen Vater gab.
Da erscheint Hamlet Vater ein paar Wachsoldaten als Geist. Diese sagen Hamlet Junior Bescheid und der trifft sich mit Pappi, der ihm sagt, er solle der Mutter die Leviten lesen. Leider hat Pappi nicht so wirklich viel Zeit, denn er muss wieder zurück in die Hölle. Ja, in die Hölle! Hamlet Senior scheint nicht das Muster an gutem König gewesen zu sein, als den sein Sohn ihn gerne sieht. Es hat vielleicht einen Grund, warum seine Mutter und dessen Bruder ihn vergiftet haben. Geliebt hat seine Mutter ihn sicherlich schon lange nicht mehr, denn die Trauerzeit nach dem Ende einer Beziehung beträgt, rein Biologisch, wegen der Entzugserscheinungen, 1/3 x der Zeit der Beziehung. Wenn sie also schon nach 2 Monaten dessen Bruder ehelicht, war die Beziehung zu Hamlet gleichnamigem Vater schon lange zerrüttet und beendet, was das Kind natürlich nicht wahrhaben will und ein wenig empfindlich auch den neuen Mann der Mutter reagiert (ein zeitloses Thema).
Nun ist Hamlet, nach dem Schnack mit seinem Vater richtig sauer und will beweisen, dass der Onkel seinen Vater umgebracht hat und ihn zur Rechenschaft ziehen.
Wie gut, dass es damals kein Urheberrecht gab, denn ausgedacht hat sich Shakespeare diese Geschichte nicht. Vielmehr war Hamlet zu seiner Zeit eine bekannte Sage, der Shakespeare noch ein bisschen Gruselzuckerguss mittels eines Geistes übergestreut hat.
Natürlich ist die Geschichte noch ein wenig verwickelter. Zur Rache kommt noch Hamlet Liebe zu Orphelia, die er mit Füßen tritt (die Liebe nicht Orphelia) in seinem gespielten Wahn. Er geht mit seinen Spinnereien allen dermaßen auf den Geist, dass Claudius seinen Schulfreunde Rosenkranz und Güldenstern herbeibringen lässt, damit sie Hamlet Junior im Auge behalten. Als dieser jedoch aus Versehen Orphelias Vater ermordet, ist das Fass übergelaufen. Hamlet wird als gemeingefährlich angesehen, der fröhlich Leute mordet und soll daher noch England verbracht werden, damit man dort das Problem endgültig beseitigt.
Ein bisschen (viel) hat sich Shakespeare auch bei den alten Griechen bedient. Erst Spannung aufbauen, und dann innerhalb weniger Seiten alle Protagonisten um die Ecke bringen, während sie im Todeskampf ihren Tod in Reimen beschreiben (auch hier unfreiwillig komisch).
Shakespeare hat definitiv eine Menge dazugelernt seit seinen Debütstücken, die ich zuerst gelesen habe. Seine Charakterisierungen sind nicht mehr so platt und peinlich, sondern sehr vielschichtig. Es gibt kein Gut oder Böse, alle Charaktere haben Dreck am Stecken auf die eine, oder andere Weise (vielleicht bis auf Orphelia).
Dazu kommen noch ein wenig Insidergeschichten aus der Theaterwelt, als er Hamlet über den schlechten Geschmack der Massen ablästern lässt. Mainstream kam bei Kennern anscheinend noch nie gut an: „Be not too tame neither; but let your own discretion be your tutor: suit the action to the word, the word to the action; with this special observance, that you o'erstep not the modesty of nature: for anything so overdone is from the purpose of playing, whose end, both at the first and now, was and is, to hold, as 'twere, the mirror up to nature; to show virtue her own image, scorn her own image, and the very age and body of the time his form and pressure. Now, this overdone, or come tardy off, though it make the unskilful laugh, cannot but make the judicious grieve; the censure of the which one must in your allowance, o'erweigh a whole theatre of others.”
Fazit: Zu Recht ein Klassiker aufgrund der Zeitlosen Thematik und der sehr guten Charakerisierung der Protagonisten. Kein plattes Gut und Böse, eine spannende Geschichte und eine Menge Möglichkeiten sich Gedanken zu machen, warum die Protagonisten so handeln, wie sie handeln.
Ich hatte die ARDEN Edition, die zur Hälfte aus Vorwort und Nachwort besteht (die ich nicht gelesen habe) und bei dem die Hälfte der Seite nur Fußnoten sind, die meistens nicht wirklich weiterhelfen, manchmal aber durchaus hilfreich sind.
Nur eine Frage bleibt, wo ist die Szene mit dem Schädel?! Erwähnt werden zwar Schädel, die ausgebuddelt werden, aber wirklich Regieanweisungen, "Hamlet redet mit Schädel" gibt es nirgends. Woher kommt dieses Bild?
Zu Recht ein Klassiker