Was tun, wenn man täglich zwei Stunden mit dem Zug pendelt? Schlafen, dösen, lesen, Musik hören, Smartphone checken, sich unterhalten - und dann?
Auf die Dauer unbefriedigend. Abwechslung muss her. Aber was? Zum Zeichnen zu unbedarft, zum Musizieren der falsche Ort. Bleibt nur: Schreiben. Aber wie? Die Deutschnoten waren durchwachsen, die Meinung der ehemals Lehrenden vernichtend. Egal, ist ja nur Zeitvertreib.
Erste Szenen entstehen – und finden den Weg alles Irdischem: Den Papierkorb. Dann Neuanfänge, etliche. Irgendwann: Ein Lauf, ein Fluss, nein ein ganzer Strom – nur unterbrochen vom Kontrolleur. Innerhalb eines Jahres 634 Seiten. Stolz, Euphorie. Ein paar Exemplare drucken und an die Familie verteilen – Testleser.
„Nett“, „ganz schön“, „aha“ als Antwort. Dann die Lebensgefährtin: „Liest sich wie ein Aufsatz zur Thermodynamik“. Ende. Aus. Vorbei.
Der langsam, dennoch unaufhaltsam hervorkriechende Dickkopf setzt sich durch und beschließt dennoch weiterzumachen. Zwei weitere Bände entstehen - in zwei Jahren. In der Zwischenzeit attestieren Mitmenschen einem Besessenheit – manchmal Schlimmeres.
Die Mitfahrer in der Bahn werden nicht mehr wahrgenommen, ein Eintauchen in die eigens erschaffene Welt vollzieht sich zweimal am Tag. Irgendwann sind drei Bände fertig und es folgt das Unausweichliche: In einem Anfall von Größenwahn werden Verlage angeschrieben. 21 Mal das gleiche Ergebnis. Einmal verfeinert mit dem Hinweis auf ein Lektorat. Resignation – und die Frage: Was nun? Wochen vergehen. Dann die Entscheidung: Geld in die Hand nehmen und eine feinfühlige Lektorin suchen.
Es folgen elf unbeschreibliche Monate in denen Herz und Seele (die eigene wie auch die des Buches) auseinandergenommen, gepresst, zerstampft, geordnet und neu zusammengefügt werden. Danach: Korrektorin, Künstler, Grafikerin, Layouterin – und das Selfpublishing auf Amazon.
Und nun? Tja, was soll ich sagen? Besser wird’s nicht!*
*In Anlehnung an einen Film mit Jack Nicholson und Helen Hunt