Schreibstil
"Zeit des Grauens" hat mich über Weihnachten begleitet und war damit mein drittes Buch von diesem älteren Autoren, der seit Jahren keine Bücher mehr herausbringt. Auf der Suche nach guten Horrorromane bleibe ich immer wieder bei John Saul, Stephen King und Dean Koontz hängen, da ich bei zeitgenössischen Romanen dieses Genres oft das Gefühl habe, das wenig Platz für die Atmosphäre geschaffen wird.
"Zeit des Grauens" wurde erstmals 1988 veröffentlicht. Dieses Alter ist dem Buch anzumerken. Es ist grundsätzlich nicht schlecht, doch die Übersetzung hat auch hier wieder für einige Stolperer gesorgt. Zum Glück kamen in diesem Buch aber keine Cheerleader vor, die ja bei meinem letzten Saul mit dem Begriff "Anführer des Applauses" übersetzt wurden.
Im Großen und Ganzen war "Zeit des Grauens" für mich wieder eine Geschichte, die mich in sich aufziehen konnte, die mich aber von der Story nicht zu hundert Prozent überzeugen konnte. Ich würde diesen Roman auch eher als Psychothriller bezeichnen, auch wenn so einige Morde geschildert werden.
Charaktere
- Kevin und seine Familie -
Es ist schwer, bei John Saul einen Protagonisten herauszufiltern, denn ich habe immer das Gefühl, er würde allen Charakteren den gleichen Status geben. Zudem ist es stets ungewiss, wer als nächstes dran glauben muss. (Und der gute John Saul schreckt auch nicht davor zurück Kinder in den Tod zu schicken!)
Kevin zieht mit seiner Familie auf die Insel, auf der seine Mutter lebt. Diese liegt im sterben und möchte ihren Sohn noch einmal sehen. Nach ihrem Tod bekommt Kevin die gesamte Insel und die Stadt vererbt, mit der Bedingung, dort mindestens zehn Jahre leben zu müssen. Da auch seine Schwester noch auf dem Anwesen lebt, weiß er, dass er diesen Ort nicht so einfach verlassen kann.
Anne ist Kevins Frau und sie möchte, im Gegensatz zu ihren Kindern und ihrem Mann, nicht auf der Insel bleiben. Für mich war das vollkommen verständlich, trotzdem übergeht Kevin sie und es endet schließlich in einer Tragödie ...
Jeff und Julie sind die beiden Kinder der Familie, die ebenfalls einen Hauptteil der Geschichte einnehmen. Beide finden schnell Freunde, doch dann passieren die ersten Unfälle auf der Insel und Jeff glaubt, den Geist seiner verstorbenen Großmutter zu sehen.
- Marguerite -
Marguerite ist Kevins Schwester und bekommt von ihrer eigenen Mutter, obwohl sie diese jahrelang gepflegt hat, nichts. Sie ist eine sehr einsame Frau, die vor Jahren einen Unfall hatte und deswegen ihre größte Leidenschaft, das Tanzen, aufgeben musste. Nun unterrichtet sie in dem Anwesen ihrer Mutter Jugendliche im Ballett und sieht auch in ihrer Nichte Julie ein großes Talent.
Wohin sich Marguerites Geschichte entwickelt, wird schnell klar, was für mich leider der größte Kritikpunkt dieses Buches ist. Als Charakter fand ich sie zu durchschaubar und leider auch ein wenig zu eindimensional.
Meine Meinung
John Saul ist einer der wenigen Autoren, der es schafft, mich bereits nach den ersten Seiten zu fesseln. In seine Bücher kann man eintauchen und die echte Welt einfach ausblenden. Plötzlich befinden man sich in einer ganz anderen Zeit, lernt die Charaktere kennen und merkt, wie sich langsam das Grauen in die Geschichte einschleicht. Die Atmosphäre solch alter Horrorromane ist ungeschlagen und nicht mit den aktuellen Vertretern dieses Genres vergleichbar.
Die Geschichte beginnt noch zu Lebzeiten von Kevins Mutter, die eine echte Furie ist. Kevin hasst diese Frau abgrundtief, möchte sie vor ihrem Tod aber dennoch ein letztes Mal besuchen. In dem Anwesen angekommen überschlagen sich die Ereignisse und Kevin muss für sich und seine Familie plötzliche eine folgenschwere Entscheidung treffen.
Nach dem Tod der Mutter habe ich hier mit einer paranormalen Geschichte gerechnet, doch John Saul hat sich hier eher an einen Psychothriller versucht. Leider wird dieser ab der Hälfte sehr vorhersehbar und entwickelt sich in eine Richtung, die schnell zu erahnen ist. Für mich hat das Buch im ersten Drittel sehr gut angefangen, dann jedoch kontinuierlich nachgelassen.
Leider ist das Ende dann auch recht einfach gehalten und besitzt keinerlei Wendungen. Insgesamt muss ich sagen, dass "Zeit des Grauens" keine großen Überraschungen aufweist, dennoch aber angenehm zu lesen ist. Eine gruselige Stimmung kam für mich zu Beginn auf, ließ dann aber zum Schluss hin nach. Die Charaktere fand ich interessant, doch ich konnte mit ihnen nicht so recht mitfiebern, denn viele sind, noch bevor ich eine Verbindung zu ihnen aufbauen konnte, gestorben.
Fazit
"Zeit des Grauens" ist eher ein Psychothriller, der eine tolle Atmosphäre und einige spannende Momente besitzt, mich von der Story und den Charakteren aber nicht überzeugen konnte.