Cover des Buches Dunkle Marsch (ISBN: 9783954519705)
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Rezension zu Dunkle Marsch von Heike Denzau

Zi ju

von Antek vor 7 Jahren

Rezension

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Antekvor 7 Jahren

"Dunkle Marsch" ist bereits der fünfte Fall um Kommissarin Lyn Harms und ihre Kollegen und auch diesmal hat die Autorin, Heike Denzau, einen absolut fesselnden und ergreifenden Krimi vorgelegt, bei dem auch einmal geschmunzelt werden darf. So muss Krimi für mich sein.

Es beginnt mit einem aufgebrachten Anruf von Inger Hartmann, einem Mitglied der einflussreichen Itzehoer Familie Wenckenberg, bei Journalist Gero Schlüter. Er soll sofort die Hutschachtel mit den alten Fotos von Klara Wenckenberg, über die er anlässlich deren 90. Geburtstages eine Reportage verfassen soll, zurückgeben. Durch Zufall stolpert er beim Zusammenpacken über ein kleines rotes Büchlein und in ihm reift ein Gedanke. Weniger später wird Lyn Harms aufs Gut der Wenckenbergs beordert, denn Gero ist dort vergiftet worden. Hat Gero etwas herausgefunden, was der Familie schaden könnte, musste er deshalb sterben oder galt der Mordanschlag eigentlich gar nicht ihm, sondern Amon Wenckenberg, dem Liebling von Klara, aber scheinbar bei der restlichen Familie wenig beliebten Mann? Bei ihren Ermittlungen stößt Lyn dabei auf wenig Beweise für mögliche Giftmörder, dafür bringt sie strenggehütete Geheimnisse und abscheuliche Verbrechen ans Tageslicht.

Heike Denzau arbeitet mit zwei Handlungssträngen, die sich grandios ergänzen. Aber auch ein jeder für sich alleine vermag unheimlich zu fesseln.

Ich habe gebannt in Klaras Tagebuch gelesen, das mit den Aufzeichnungen in den Jahren vor dem Zweiten Weltkrieg beginnt und von ihr, die sich mit irgendetwas Schuld aufgeladen haben soll, und dem Schicksal ihrer behinderten Schwester Rosemarie handelt. Ein schönes Bild hierfür ist zweifellos die Vorstellung, dass jeder einzelne Stern, der am Nachthimmel zu sehen ist, für ein Kind leuchtet, das dem Wahnsinn des Naziregimes zum Opfer gefallen ist.

Ganz klar hat mich aber auch die Handlung im Jetzt mehr als nur gefesselt. Ich war ständig am Grübeln und Kombinieren. Immer mehr Antipathien innerhalb der Familie wurden deutlich. Mir hingegen war Amon Wenckenberg äußerst sympathisch, kann so jemand ein Mörder sein? Die Autorin lenkt einen gekonnt auf falsche Wege, setzt gezielt neue Hinweise, die verwirren sowie zusätzlich in die Irre führen und weiß bis zum bitteren Ende mit Überraschungen aufzuwarten, die niemand vorher erahnen kann.

Der Schreibstil der Autorin liest sich herrlich, locker, leicht und man fliegt geradezu durch die Seiten. Einmal angefangen sind die knapp 400 Seiten schnell verschlungen, denn man kann das Buch nicht mehr aus der Hand legen. Sie schafft es Emotionen zu erzeugen, die von abgrundtiefer Abscheu über tiefe Betroffenheit bis hin zu richtiger Freude reichen. Für mich war das Lesen eine regelrechte Achterbahnfahrt der Gefühle. Mir hat aber auch sehr gut gefallen, dass immer wieder kurze Abschnitte über Lyns Privatleben eingeflossen sind, die mich zwischendurch zum Schmunzeln, stellenweise sogar zum Lautlachen gebracht haben. Nur allein die Vorstellung vom Fußbad ihres Vaters oder der herrlichen Szene beim Brautkleid Kauf, lassen mich jetzt noch grinsen.

Richtig toll fand ich wie sie mit dem Thema Menschen mit Handicap umgeht. Ich war stellenweise richtig gerührt, wie liebevoll Leon, Anette oder Rosmarie, die drei mit Down Syndrom, beschreiben werden. Wie kann man solche Kinder nicht mögen, für mich unbegreiflich. Es wäre so sehr zu wünschen, dass Inklusion nicht nur schön klingt, sondern sich in dieser Richtung endlich auch konkret etwas tut.

Die Charaktere sind grandios gezeichnet. Lyn war mir ja schon im letzten Teil super sympathisch und auch dieses Mal konnte sie wieder punkten. Sie ist nicht nur eine großartige Ermittlerin, sondern auch ein Mensch wie du und ich. Richtig toll finde ich ihre Beziehung zu Hendrik, die beiden passen und gehören einfach zusammen, herrlich einmal Ermittler ohne gescheiterte Beziehung. Aber vielleicht liegt dies auch daran, dass die beiden Kollegen sind und daher wissen, dass ein Fall den Kopf in Beschlag nimmt und es sogar passieren kann, dass man vor lauter Ermitteln das Spanferkel für den Polterabend vergisst. Auch ihre beiden tollen Mädchen Charlotte und Sophie, haben mich wieder oft zum Schmunzeln gebracht. Denn auch wenn man sie mit einem erfundenen Eis locken muss, wenn man schnell etwas von ihnen will, wissen sie stets, wann sie ihre Mama tatkräftig unterstützen müssen. Auch Familie Wenckenburg ist toll dargestellt. Am meisten imponiert hat mir hier mit Sicherheit Klara Wenckenburg, die mich zusätzlich auch sehr gerührt hat. Tolle Nebendarsteller wie Lyns origineller Vater oder Geros süßer Neffe Leon ergänzen die Besetzung optimal.

Alles in allem ein Krimi, so wie er sein muss, fesselnd, spannend, ergreifend und zwischendurch sogar zum Schmunzeln.

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