Cover des Buches Von Piraten und Pfeffersäcken: Hamburg zur Hansezeit (ISBN: 9781519187291)
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Rezension zu Von Piraten und Pfeffersäcken: Hamburg zur Hansezeit von Heiko Kraft

Die Perle des Nordens...

von Sick vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Gelungene Mischung aus sauberer Recherche und fantasievoller Interpretation. Wer gerne historische Romane liest, kann hier noch etwas lernen

Rezension

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Sickvor 8 Jahren

Hamburg, 1368: Der Kaufmann Hermann Nienkerken ist auf dem Weg nach Hause, als sein Schiff in einen Sturm gerät. Die Kogge geht unter und mit ihr stirbt die gesamte Besatzung. Lediglich Hermann hat Glück und wird an den Strand von Ritzebüttel angespült. Dort findet ihn der Ziehsohn eines Strandräubers, der achtjährige Martin. Er überredet seinen Vater, Hermann mitzunehmen. Dieser ist nicht begeistert, könnte der Kaufmann doch das gesamte Raubgut zurückverlangen. So schmiedet er mit den anderen Halunken einen Plan, um Hermann loszuwerden. Als Martin das mitbekommt, überredet er Hermann zur Flucht und schließt sich ihm an. In Hamburg erwartet ihn fortan ein völlig neues Leben...



"Von Piraten und Pfeffersäcken - Hamburg zur Hansezeit" ist zwar als historischer Roman deklariert, aber eigentlich ist Martins Geschichte nur der rote Faden, der alles zusammenhält. Im Mittelpunkt stehen vielmehr das Leben der Hamburger im vierzehnten Jahrhundert und die wichtigsten historischen Ereignisse zur damaligen Zeit. Man könnte es als "erzählendes Sachbuch" beschreiben, allerdings sind Sachbücher meistens nicht besonders spannend zu lesen. Das ist hier anders.


Zugegeben, der Einstieg ist nicht besonders leicht. Schon im Vorwort wird man darauf vorbereitet, dass man mit sehr viel Wissen konfrontiert werden wird und das tritt sofort ein. Das Leben an Deck und der Schiffbruch werden sehr detailliert erzählt und man weiß noch nicht so genau, in welche Richtung sich die Geschichte entwickeln wird. Das ändert sich erst, als Martin in Erscheinung tritt. Er und Hermann sind zunächst die wichtigsten Charaktere, die im Laufe der Handlung auf viele historisch verbürgte Persönlichkeiten und fiktive Figuren treffen. Eine Übersicht darüber bekommt man im Personenregister, das außerdem darlegt, was Fakt und was Fiktion ist. Weitere Hilfsmittel sind ein Glossar und eine umfangreiche Zeittafel. Eher unbekannte Wörter sind im Text mit einem Sternchen markiert, sodass der Leser sofort weiß, dass er sich bei Bedarf mehr Informationen dazu holen kann. Die zeitliche Übersicht beginnt bereits im zwölften Jahrhundert mit der Gründung Hamburgs und enthält extrem viele Daten zu den damaligen Ereignissen. Ich bin froh, dass ich sie erst hinterher gelesen habe, denn sonst wäre ich wahrscheinlich ziemlich verwirrt gewesen. Aus der Fülle an Fakten wurde wirklich gut differenziert, sodass man beim Lesen der eigentlichen Geschichte nicht überfordert wird.


Was erfährt man denn nun über die Piraten und Pfeffersäcke? Über erstere zunächst nicht sehr viel, in den ersten zwei Dritteln stehen mehr das Kaufmännische, der Alltag und wichtige Begebenheiten im Vordergrund. Wie wurden die Kaufmannssöhne ausgebildet, womit wurde gehandelt und wie haben die Hansestädte miteinander gearbeitet? Es gibt eine Bürgeransprache, königlichen Besuch und eine Pestepidemie, aber auch Auseinandersetzungen mit den Strandräubern und später mit den Piraten. Und mittendrin immer Martin mit seiner neuen Familie. Man begleitet die Nienkerkens bis ins Jahr 1400, also etwa dreißig Jahre, in denen allerhand passiert. Martin versucht in dieser Zeit etwas über seine Herkunft zu erfahren, allerdings kommt dieser Abschnitt erst nach etwa der Hälfte ins Rollen, als er erwachsen ist. Natürlich verliebt er sich auch, gründet eine Familie und führt Hermanns Geschäft weiter, aber all dies ist nicht das Hauptaugenmerk. Das merkt man besonders daran, dass die Charakterisierung eher oberflächlich bleibt. Tiefe Gefühle findet man hier eher nicht, sondern vorwiegend hervorragend recherchierte Geschichte. Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen, denn es wird alles spannend und interessant vermittelt. Da heutzutage nur noch etwas über die damals wichtigen Leute bekannt ist, gibt es neben den fiktiven Figuren noch Platz für etwas künstlerische Freiheit. Mir hat das gut gefallen, denn so kommt einiges anders als erwartet. Klaus-Störtebeker-Kenner werden hier beispielsweise vergeblich auf rollende Köpfe warten. Da das Buch im Selbstverlag erschienen ist, wird zudem der Text laufend verbessert, sodass die Mängel demnächst wohl behoben sein werden.



Die Mischung aus Fakt und Fiktion sowie sauberer Recherche und fantasievoller Interpretation sind wirklich gut gelungen. Wer gerne historische Hanse-Romane liest, kann hier noch etwas lernen, sollte aber keine Liebes- oder Abenteuergeschichte im herkömmlichen Sinn erwarten.

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