Cover des Buches Von Piraten und Pfeffersäcken: Norddeutsche Zeitreisen (ISBN: 9783000529405)
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Rezension zu Von Piraten und Pfeffersäcken: Norddeutsche Zeitreisen von Heiko Kraft

Mehr Sachbuch als Roman

von PMelittaM vor 8 Jahren

Rezension

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PMelittaMvor 8 Jahren


1368: Als der Kaufmann Hermann Nienkerken nach erfolgreichem Geschäft nach Hamburg zurückreist, erleidet seine Kogge Schiffbruch vor Hadeln, keiner außer Hermann überlebt, doch er und die Ladung fallen Strandräubern in die Hände. Nur dem Jungen Martin verdankt er sein Leben, zum Dank nimmt er Martin mit nach Hamburg und in seine Familie auf.

Der Leser begleitet nun Martin, dessen Leben mit den historischen Ereignissen jener Zeit rund um die Hanse eng verknüpft ist. Man begleitet Martin zunächst durch Hamburg, später dann auch in andere Städte, wie z. B. Bergen, man begegnet historischen Persönlichkeiten, wie Margarethe I von Dänemark, Nikolaus Schoke oder dem Emir von Granada.

Der Autor lässt das Leben im Gebiet der Hanse wieder auferstehen und liefert dem Leser umfangreiche Informationen jener Zeit. Im Grunde ist der Roman viel mehr ein Sachbuch als ein Roman, obwohl das Ganze in Romanform verpackt ist. Jedoch ist die Romanhandlung eher einfach gehalten und dient in meinen Augen nur als Transportmittel der Informationen. Das ist im Grunde eine gute Möglichkeit, Historisches zu vermitteln, allerdings ist mir die Romanhandlung letztlich doch zu trivial, zu einfach und driftet gegen Ende zu sehr ins Kitschige ab. Dass der Autor nicht unbedingt das Überlieferte bzw. Allgemeinbekannte vermittelt, sondern andere Möglichkeiten wählt, ist legitim, mir bleiben allerdings gerade in der zweiten Hälfe zu viele Fragen offen, da hätte man vielleicht auf den einen oder anderen Handlungszweig verzichten sollen und die Geschichte lieber rund machen sollen. So ist z. B. in meinen Augen sowohl der gewählte Erzählstrang rund um Samira (hier fehlen mir einige Informationen), als auch das Schicksal Klaus Störtebekers in der erzählten Form unnötig und dient nur dazu, die Geschichte romantischer zu machen – und genau das hätte diese Geschichte nicht nötig gehabt.

Noch vor dem Lesen macht der Roman einen guten Eindruck, das Wimmelbild auf dem Cover lässt einen bereits ins Mittelalter abtauchen und die farbigen Illustrationen auf den Umschlaginnenseiten verstärken dies noch. Der Anhang liefert eine Zeittafel, ein Personenregister und ein Glossar (dieses ist jedoch noch ausbaufähig, einige Begriffe, die im Roman vorkommen, habe ich vermisst, wie z. B. „Hautfass“). Dafür gibt es allerdings im Roman selbst viele kleine Infos, z. B., dass man über die feinen Schuhe Überschuhe benötigte, weil es in den Straßen so schmutzig war, die das Erzählte zusätzlich lebendig machen.

Die Charaktere sind, bis auf Martin (und in gewissem Rahmen Hermann), recht oberflächlich gezeichnet. Der Autor wollte vor allem Wissen vermitteln und musste sich bei dem recht geringen Umfang von gut 300 Seiten beschränken. Vor allem dem Romanteil, aber auch dem Wissensteil, hätten einige Seiten mehr gut getan, dann hätte man auch weitere, in meinen Augen relevante Aspekte, z. B. eine Reihe sozialer/gesellschaftlicher, besser ausarbeiten können. Das Buch lässt sich gut und zügig lesen, erzählt wird sehr bildhaft, das Kopfkino funktioniert, man meint sogar stellenweise Geräusche und Gerüche wahrnehmen zu können. Es gibt eine Fülle von Informationen, fast schon zu viele, manche werden, leider, nur gestreift, oft möchte ich mehr wissen und fange an zu googeln, Einiges hätte ich jedoch lieber im Buch gehabt, das mir manchmal etwas unvollständig vorkommt.

Mir hat der Roman viele Informationen geliefert, die Romanhandlung hat mich letztlich aber nicht überzeugt, war die erste Hälfte noch viel versprechend, hat mich die zweite Hälfte eher enttäuscht. Für mich stellt sich nun die Frage, wie bewerte ich das Buch? Als Sachbuch, als Roman? Ich entscheide mich für einen Mittelweg, denn den Romananteil kann man nicht einfach weglassen. So vergebe ich 3,5 Sterne, die ich, wie gewohnt, aufrunde. Gut geeignet erscheint mir das Buch für geschichtlich interessierte ältere Kinder und Jugendliche, diese können wahrscheinlich auch über meine Kritikpunkte eher hinwegsehen. Allerdings ist für Kinder/Jugendliche der Informationsteil insgesamt womöglich überfrachtet. Ich könnte mir das Buch gut in Museumshops vorstellen, die Möglichkeit bietend, das im Museum Erlebte nachzubereiten und zu vertiefen. Wer leicht aufbereitete Informationen über diese Zeit, die Hanse, das Kaufmannsleben, die Kaperer/Seeräuber, über Strandräuber und politische Gegebenheiten, erfahren möchte, wird gut informiert und kann sein Wissen erweitern.

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