Heinz Steguweit

 5 Sterne bei 2 Bewertungen
Autor*in von Der Clown und das Mädchen, Gisela und Jürgen und weiteren Büchern.

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Cover des Buches Der Clown und das Mädchen (ISBN: B00AGMEY9K)
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Rezension zu "Der Clown und das Mädchen" von Heinz Steguweit

Buchgespenst
Überlebt

Der Krieg hat Gisela alles genommen. Die Heimat, Familie und Eigentum – nichts als das nackte Leben und das Wissen darum, dass ihr Vater durch Missgunst der Mitmenschen in den letzten Kriegstagen noch in Gefangenschaft geraten war. Ob er noch lebt? Sie selbst hatte Glück. Der ehemalige Clown Tobi hat sich ihrer angenommen und sich zu einem Flüchtlingslager durchgeschlagen. Von dort führt sie ihr Weg zu den Kranewitters, die sie aufnehmen. Doch der Krieg erschüttert in Nachwehen immer noch das Land. Gleichgültige Besatzer, missgünstige, verleumderische und hartherzige Mitmenschen neiden Gisela und den Kranewitters auch noch das kleinste Glück und Stückchen Seelenfrieden.

Der erste Band erzählt von den bitteren Ereignissen der letzten Kriegstage, dem harten Leben im Flüchtlingslager und den kargen, beschwerlichen Schritten zurück ins Leben. Fast harmlos mutet die spärliche Beschreibung an als Gisela zu Beginn in ihre Heimatstadt zurückkehrt, die immer noch unter Beschuss steht. Wie leicht klingen die Formulierungen von den letzten fallenden Bomben und zerstörten Häusern – so leicht, dass das Grauen des Krieges erst nach und nach unter die Haut kriecht bis man das Ausmaß des Entsetzens spürt als Gisela von der Frau, die ihren Vater aus Bosheit in Haft brachte, gehässig in den Bombenhagel gejagt wird. In dieser Szene entlädt sich all das ungesagte Grauen, in dem die Charaktere stehen. Zwar ist dies die letzte Kriegsszene, die in diesem Buch geschildert wird, danach wird von Flüchtlingslagern und der Verteilung der geflüchteten Ostdeutschen gesprochen, doch bleibt die Erschütterung in der ganzen Geschichte zu spüren. Neid und Missgunst, Hartherzigkeit, Lügen und Bosheit lauern als gefährliche Elemente der Nachkriegszeit in den Schatten. Ein Wink an die Besatzer, ein heimlicher Tipp an die Polizei und schon kann alles, was man sich erkämpft hat, in den Staub getreten werden.

Heinz Steguweit erzählt hier keine einfache Geschichte. Es geht hier nicht um junge Liebe, den Aufbau eines neuen Lebens. Er hält hier fest wie die Nachkriegszeit ausgesehen at. Bitteres Leid, Angst, Ungewissheit, Hunger und doch die Freude an Kleinigkeiten, die erlösende Entdeckung von Menschlichkeit in Zeiten des Nichts und den beharrlichen Mut, den Optimismus den Kampf ums Leben wieder aufzunehmen, sich nicht unterkriegen zu lassen und Glück zu finden, wo man es nie gesucht hätte.

Die Geschichte erfordert starke Nerven für jeden mit lebhafter Phantasie. Es handelt sich um ein Jugendbuch, sodass hier viel an Gräueln und Leid ausgespart wird, sich Erschütterungen aber in anderen, harmloseren Szenen entladen. Auch heute noch eine absolut lesenswerte Geschichte. Ein berührender Einblick in eine Zeit, die noch nicht so lange zurückliegt, doch in ihrem wahren Ausmaß nur noch von wenigen gekannt wird – man möchte sagen, zum Glück.

Cover des Buches Gisela und Jürgen (ISBN: B008HII8VA)
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Rezension zu "Gisela und Jürgen" von Heinz Steguweit

Buchgespenst
Es war eine seltsame Zeit

Der zweite Weltkrieg ist vorbei, Mutter Kranewitter, ihr Sohn Jürgen und ihr Pflegekind Gisela kommen aber nicht zur Ruhe. In der Zeit der Trümmer, der Unordnung und nicht zuletzt des Wiederaufbaus waren Recht und Gesetz noch nicht so fest, dass sie Menschen schützen könnten. Während Jürgen gegen Gewinnsucht und Plünderer versucht seinen Weg zu finden und erkennt, dass er in Gisela die Liebe seines Lebens sieht, sind die Gespenster des Krieges noch lebendig. Verleumdung und Plünderung, Diebstahl und Feuer sind keine Seltenheit. Die Besatzer sind noch geprägt von allem, was sie vorgefunden haben und fassen die Deutschen nicht mit Samthandschuhen an. So hat Jürgen keine Chance, als ihm der Brand des Hotels und der verschwundene Ring des Hotelbesitzers angehängt werden. Gisela und Mutter Kranewitter müssen jetzt neben Hunger und Ohnmacht auch noch die Verachtung, das Misstrauen und die Schadenfreude der Nachbarn ertragen.

Jürgen gibt aber nicht auf. Gisela ist seine Zukunft und ihr Vater, der immer noch in polnischer Gefangenschaft sitzt, muss auch befreit werden.


Ein Kinderbuch, das Anfang der 50er Jahre geschrieben wurde und einem den Atem nimmt. Kindgerecht wird hier die direkte Nachkriegszeit beschrieben, nicht verherrlicht und nicht in ihrer bittersten Realität, doch es wird genau so viel gesagt, dass Kinder einen realistischen Eindruck bekommen ohne traumatisiert zu werden und Erwachsenen der Atem wegbleibt, wenn sie in den Leerstellen lesen. Der Satz, der die Geschichte dominiert und so vieles mit so wenig sagt ist „Es war eine seltsame Zeit.“ Hierin sind alle Ungerechtigkeiten, alle Brutalität und Ohnmacht, aber auch die zaghafte Hoffnung, beginnende neue Träume, eine schöne Zukunft gefasst. Allein dieser Satz sagt an den entsprechenden Stellen so viel aus, dass die Bilder, die einem durch den Kopf schießen, fast überwältigen.

Die Liebesgeschichte zwischen Gisela und Jürgen entwickelt sich wie ein feines Gespinst und wird wohl erst im nächsten Band voll ausgeprägt sein. Hier ordnet Jürgen seine Zukunft und Teil davon ist Gisela.

Das Buch hat einzigartig-wundervolle Illustrationen wie sie nur in den alten Kinderbüchern zu finden. Sie beleben die Geschichte und geben auch einen Eindruck, wie die Zeit tatsächlich war.

Ich hatte etwas Angst vor der Lektüre. Kriegs- und Nachkriegserzählungen sind nicht mein Fall, doch diese Geschichte hat mich gefesselt. Die Charaktere und die Zeit werden so lebendig wie ich es noch selten in einem Buch vorgefunden habe. Dabei bleibt genug unausgesprochen, um sich ein eigenes Bild zu machen ohne traumatisiert zu werden. Ein Einblick in eine Zeit, von der wir uns heute nicht mehr viel vorstellen können. Heinz Steguweit romantisiert nicht. Er zeichnet die Zeit mit ihren düsteren und ihren schönen Seiten. Eine Zeit zwischen Trauma und Träumen, Vergangenheit und Zukunft –Charaktere, die vom Krieg geprägt aber nicht zerbrochen wurden. Ein zu Unrecht vergessenes Buch! Eine klare Leseempfehlung!

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