Cover des Buches H wie Habicht (ISBN: 9783793422983)
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Rezension zu H wie Habicht von Helen Macdonald

Intensiv-Anstrengende Lektüre, voller Liebe zu Habichten

von Marina_Nordbreze vor 8 Jahren

Kurzmeinung: Ein anstrengendes (aber das gute anstrengend) Leseerlebnis über eine Habicht, der Wunden heilt und Wunden verursacht.

Rezension

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Marina_Nordbrezevor 8 Jahren
Als Denis Scheck in einer Ausgabe von Druckfrisch "H wie Habicht" vorstellte und dabei Helen Macdonald mit einem Habicht auf dem Arm interviewte, war ich höchst überrascht, da ich für mich das Buch in die Kategorie "Roman" gesteckt hatte. Und dann erzählt Denis Scheck plötzlich, dass das ja ein Sachbuch wäre, auf der Bestseller-Liste findet man es auch unter Sachbüchern und Helen Macdonald meint in dem Video auf der Ullstein-Seite, es ginge um "Trauer, Greifvögel und [eine] literarische Biografie". Mein Kopf war vor der Lektüre also sehr verwirrt. Aber auch sehr neugierig.

Helen Macdonald erzählt von dem Jahr, in welchem sie ihren Vater verloren und einen Habicht aufgezogen hat. Dabei ist es nicht so, dass Helen von der Falknerei keine Ahnung hätte, seit ihrer Kindheit beschäftigt sie sich mit Greifvögeln und hat schon mehrere der wilden Tiere aufgezogen. Bisher aber noch nie einen Habicht. Habichte gelten wohl als besonders schwierig, wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum Helen gerade diese Vogelart wählt. Komplette Ablenkung. Komplette Konzentration auf Mabel, ihren Habicht. Es bleibt nur wenig Raum und Zeit, um über den Verlust ihres Vaters nachzudenken. Und so dreht sich "H wie Habicht" größtenteils um Helen und Mabel und ihre Erfolge und Misserfolge, ihre Jagderlebnisse und die Zuneigung, die zwischen den beiden wächst. Größtes Learning dabei: Habichte spielen! Beispielsweise mit Papierkügelchen.

Doch jetzt ist es das, und sie kann alles sehen: glitzernde Punkte auf den Wellen, ein tauchender Kormoran hundert Meter weit draußen, Pigmentschuppen unter Wachs an den Reihen geparkter Autos, ferne Hübgel mit ihrer Heide und ein endloser Himmel, wo die Sonne über Staub und Wasser und rätselhaften Dingen wie weiße Möwen strahlt.

Wer "H wie Habicht" liest, liest zwei Bücher gleichzeitig. Helen Macdonald verwebt die Biografie von T. H. White, Autor von "The Sword in the Snow" (die Grundlage für Disneys "Die Hexe und der Zauberer"), mit ihrer eigenen. T. H. White schrieb ebenfalls ein Buch über seine Aufzucht eines Habichts. In ihrer Kindheit war dieses Buch der größte Schatz von Helen Macdonald, obwohl sie das Verhältnis zwischen T. H. White und seinem Habicht extrem abschreckte. Jetzt, mit ihrem eigenen Habicht auf der Faust, relativiert sich ihr früheres Urteil teilweise.

Ich bin kein großer Naturfreund und erst recht kein Greifvogelmensch. Zwar finde ich Vögel recht nett anzusehen, unterscheiden kann ich sie aber nicht. Und doch hat es Helen Macdonald geschafft, mich 388 Seiten lang in ihren Bann zu schlagen. "H wie Habicht" ist ein sehr intensives und dadurch auch anstrengendes Buch, gerade der Fokus auf T. H. White, den ich vorher gar nicht kannte, führte bei mir teilweise zu Lesedurststrecken. Am Ende ist das aber alles rund. Der Habicht verbindet. Vergangenheit und Gegenwart. Tod und Leben. Wildnis und Zivilisation.
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