Wohl eines der schlimmsten Verbrechen der jüngeren Geschichte war der Holocaust im 20. Jahrhundert. Helen Waldstein Wilkes Familie ist in letzter Sekunde nach Kanada geflüchtet, Helen war zu diesem Zeitpunkt ein kleines Mädchen. Was dieser Stempel „Genehmigt“ im Ausreisevisum bedeutete, können wir heute bestimmt nicht mehr nachvollziehen.
Helen wuchs in Kanada auf, studierte und lebte ihr Leben ohne von ihren Wurzeln genaueres zu wissen. Ihre Eltern hatten in Europa so viel Leid erfahren, dass sie zeitlebens nicht mehr darüber sprechen wollten. Doch als Helen plötzlich eine Schachtel Briefe aus der Zeit rund um den 2. Weltkrieg öffnet, beginnt sie langsam die Vergangenheit zu recherchieren und einiges zu verstehen. Sie erfährt von einer großen Familie, die sie niemals kennenlernen durfte, von Freunden, deren Stimmen längst verstummt sind und deren traurige Geschichten.
Den Schreibstil empfand ich teilweise als ziemlich holprig (vielleicht auch der Übersetzung geschuldet), doch nichtsdestotrotz wird diese Biographie jeden berühren, der sich darauf einlässt. Etliche Originaldokumente belegen die Schrecklichkeiten dieser Zeit. Obwohl man ja einiges bereits gelesen hat, berührt diese offene Auseinandersetzung sehr. Besonders die Nachkriegsbriefe, die nicht mehr zensuriert waren, sind ein Stück Zeitgeschichte.
Besonders beeindruckend finde ich ein Interview der Autorin, in dem sie ohne Groll auf ihre Europareisen zurückschaut, von vielen liebenswürdigen Menschen erzählt und auch kritisch auf Kanada blickt, wo jüdischen Bürgern damals die Einreise verweigert wurde. Helen Waldstein Wilkes hatte wohl einfach nur Glück, dass sie heute Fragen stellen kann und für ihr Leben die nötigen Antworten findet. Viele viele andere haben dazu leider keine Möglichkeit.