Der Roman, von dem man hofft, dass er das Autobiographische übertreiben möge, ist eine Mischung aus Lebensanklage und Liebeserklärung, wenn man so will „im heiligen Zorn auf die Existenz und den Tod, geboren in Trümmern und aus der Lust am Tabubruch“. Man muss diesen Roman mit ihrer Sprachgewalt, seinen Wortneuschöpfungen und einem Galgenhumor, dass einem die Luft wegbleibt, nicht mögen. Wer sich jetzt schon „irritiert“ fühlt, sollte erst gar nicht daran denken, ihn in die Hand zu nehmen.
Helena Adler
Lebenslauf von Helena Adler
Quelle: Verlag / vlb
Alle Bücher von Helena Adler
Die Infantin trägt den Scheitel links
Fretten
Die Infantin trägt den Scheitel links
Die Infantin trägt den Scheitel links: Roman
Neue Rezensionen zu Helena Adler
Rezension zu "Fretten" von Helena Adler
Die Geschichte einer Heranwachsenden und später jungen Frau schleicht sich durch den Roman. Und wie!
Die Kreationen und Wortschöpfungen packen die Lesenden beim Schopf und ziehen sie hinein. In einen Aufstand der Ich-Erzählerin, in ein Eintauchen in das Landleben, deren Familie und die Umgebung, sowie das Werden der jungen Mutter, die ihre Emotionen schonungslos an die Seiten in „FRETTEN“ nagelt. Die fehlende Liebe der Eltern begleitet sie im Leben und im Buch.
Dabei entwickelt sich die Handlung nebenbei, wird nicht explizit beschrieben, ist aber immer präsent. So entsteht Literatur!
Unzählige Sprüche aus den Mündern der Dorfbewohner:innen sind Material und Stilmittel für neue Kompositionen. Ein Roman, der schwer zu beschreiben ist, der gelesen werden muss, um die Verflechtungen vom Rhythmus der Sätze, von der Realität der Figuren und der Schönheit der Sprache aufzunehmen. Drei Aussagen seien hier als Beispiele angeführt:
„Und ich? Ich befinde mich mittendrin und bin nichts weiter als die Berichterstatterin meiner Gegenwart. Das frische Blut in meinen Adern sei der rote Faden in meinen Geschichten und die Röte in eurem Gesicht.“
„Das Urvertrauen steckte einem in allen Knochen und mochten sie noch so morsch sein. ‚Eppan wird’s da oben auch noch geben‘, sagte die Urgroßmutter immer, sobald ich Zweifel an etwas hegte. ‚Eppan wird’s schon richten. Eppan schaut auf uns.‘ Eppan war weiß Gott was, aber all ihre Hoffnung und ihr Glaube steckte in diesem Wort.“
„Dort, inmitten dieser Landschaft … Sie passen nirgends hin und nirgends hinein, es ist ihnen zuwider, sich einzufügen und unterzuordnen. Sie fretten sich durchs Leben, rein um des Überlebens willen.“
Ich habe nie einen Roman gelesen, in dem es eine ähnliche Dichte an Wort- und Satzkreationen gibt, die nebenbei zu eigenen Assoziationen und Erinnerungen geleiten. Die Mutterschaft der Erzählerin, deren Entstehung, deren Schmerzen, deren Liebe und die Sicht der anderen darauf, sind heftig schön beschrieben.
Vieles erzeugt Bilder in mir, liest sich wie eine Bildbeschreibung. Womöglich liegen tatsächlich Bilder hinter den kreativen Worten von Helena Adler. Und, um doch noch eine kritische Anmerkung zu machen: Gegen Ende des Buches, mit der Krankheit, waren mir die Wortspiele um Nuancen zu viel, haben etwas an den Bildern gekratzt, die in mir entstanden sind.
Dennoch: In jedem Satz, in jedem verbogenen Spruch steckt Literatur. „FRETTEN“ reihe ich in mein kleines Regal der Lieblingsbücher ein.
Rezension zu "Die Infantin trägt den Scheitel links" von Helena Adler
Eine junge Frau blickt auf ihre Kindheit und Jugend auf dem Land zurück. Der Vater ist lieb und Alkoholiker. Die Mutter depressiv und religiös. Mit den älteren Zwillingsschwestern kann das Mädchen überhaupt nichts anfangen.
Die Handlung ist nichts herausragendes. Aber was den Roman besonders macht, sind 183 Seiten, die vor allem durch die interessante und eigene Wortwahl der Autorin herausstechen. Den Schreibstil muss man mögen. Das Spiel mit den Wörtern, die direkt und ehrlich sind, fand ich persönlich toll.
Wer einen eigenwilligen Roman sucht und sich sprachlich auf etwas "anderes" einstellen möchte, dem empfehle ich gern das Buch.
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