Die Zwillinge Scott und Scarlett entstammen einer wohlhabenden Adelsfamilie. Während ihre Eltern auf Reisen sind, übernimmt Butler Hamish die elterlichen Pflichten. Doch von ihrer letzten Reise kehren die Eltern nicht zurück – stattdessen erreicht ein beunruhigender Brief das herrschaftliche Anwesen. Schon bald geschehen merkwürdige Dinge, und die Kinder entdecken das wohl gehütete Familiengeheimnis: Sie stammen aus einer langen Linie von Werwolfjägern. Für Scott und Scarlett ist sofort klar, dass sie ebenfalls in das Familienunternehmen einsteigen und sich von Hamish ausbilden lassen wollen. Als sie schließlich in das Dorf reisen, in dem ihre Eltern zuletzt gesehen wurden, hat eine legendäre Bestie ihre Witterung bereits aufgenommen.
„Die Oaknight-Chroniken“ entführen in eine mysteriöse Welt voller Spannung, Abenteuer, Monster und düsterer Familiengeheimnisse. Es ist unglaublich aufregend, die Geschwister und ihren Butler auf dieser gefährlichen Reise zu begleiten. Die verschiedenen Charaktere sind gut ausgearbeitet und für die Lesenden nachvollziehbar dargestellt. Scarlett ist ungeduldig, handelt oft unüberlegt und wirkt hyperaktiv. Ihr Bruder Scott hingegen ist ruhiger, mehr an Büchern als an den Waffen seiner Schwester interessiert – und absolut loyal. Hamish hält als Butler alles zusammen, versucht den Überblick zu behalten und die Kinder vor Schaden zu bewahren – was zugegebenermaßen nicht leicht ist.
Ein besonderes Highlight des Buches sind die eindrucksvollen Illustrationen von Helge Vogt: ganzseitige, vollflächige Zeichnungen verschiedener Werwolfarten, neben denen kurze Anmerkungen zu Gestalt, Verbreitung und Gefahrenstufe stehen. Diese wirken wie Seiten aus einem Monsterjäger-Lexikon und geben dem Buch eine zusätzliche Tiefe – als würde man selbst in den alten Aufzeichnungen der Oaknight-Familie blättern. Visuell und atmosphärisch ein echter Gewinn.
Die Handlung wird in der personalen Erzählform im Präteritum erzählt und wechselt regelmäßig die Perspektive. Dabei rücken vor allem Scarlett, Scott und Hamish in den Fokus, doch auch andere Figuren werden näher beleuchtet, um die Handlung aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu zeigen. Diese Perspektiv- und Szenenwechsel erfolgen teils abrupt, was der Dynamik des Erzählflusses jedoch keinen Abbruch tut. Durch die lebendigen Beschreibungen, witzigen Episoden und schlagfertigen Dialoge entsteht beim Lesen ein regelrechter Film vor dem inneren Auge – fast wie eine actionreiche Comic-Verfilmung.
Mit dem starken Zwillingspaar in der Hauptrolle ist dieses Buch zudem angenehm genderneutral.
Ein außerordentlich spannendes, lebendiges und mitreißendes Leseabenteuer – das am Ende mit einem fiesen Cliffhanger aufwartet und den dringenden Wunsch weckt, augenblicklich mit der Fortsetzung zu beginnen.