Rezension zu "morgenlicht" von Helmut Zwanger
Ich habe mir schon seit längerer Zeit vorgenommen, moderne Lyrik zu lesen, und da ich auf diesem Gebiet ein ahnungsloser Neuling bin, wollte ich mich für den Anfang an deutschsprachiger (statt englischsprachiger) Poesie versuchen. Die Suche danach stellte sich allerdings als schwieriger heraus, als gedacht; das Genre ist hierzulande ja mehr als unterrepräsentiert...
Dieser kleine, unbekannte Gedichtband fiel mir auf einem Flohmarkt in die Hände, und da mir sowieso Empfehlungen fehlten, dachte ich mir, ich kann genauso gut hiermit einen Anfang in das Gebiet wagen.
Unvoreingenommen und erwartungslos nahm ich mir also "morgenlicht" von Helmut Zwanger vor, und dieser erste Einblick in die moderne Lyrik hat mich positiv überrascht.
Sprache
Ich brach
Das Schweigen
In seine Teile
Helmut Zwangers Stil ist von einem extremen Minimalismus geprägt, die Gedichte sind knapp, meist nur einige wenige Worte. Doch diese wählt er mit höchster Sorgfalt, sodass es ihm in sehr eindrucksvoller Weise gelingt, genau die richtigen Worte zu finden. In zwei, in drei Zeilen trifft er den wesentlichen Punkt und entfaltet dadurch eine massive Aussagekraft.
Kunst
Aus der Quelle
Schöpfen
Bloß schöpfen
Die Themen sind umfassend und allgemein: Leben, Zeit, Trauer und Glaube. Sein religiöser Hintergrund (Zwanger ist evangelischer Pastor) dringt oft durch:
Ehrfurcht
Wie fürchten
Sich Menschen
Von ihrer besten Seite?
Dennoch: Ich habe diesen Band an mehreren Tagen gelesen, und trotz Pausen wurde mir sein Stil, der mich anfangs noch sehr fasziniert hatte, am Ende etwas zu eintönig. Ich habe nicht erwartet, jedes Gedicht zu verstehen und/oder zu mögen, und genauso ist es auch eingetroffen. Zudem spielt Zwanger oft auf Künstler, Psalme oder andere Verbindungen an, die zwar wunderbar aufgehen, aber eine gewisse Kenntnis vorraussetzen (die ich leider nicht immer hatte).
So bleibt eine Handvoll Gedichte übrig, die mich wirklich angesprochen, zum Nachdenken angeregt oder zum zustimmenden Kopfnicken über die ideale Wortwahl bewegt haben. Ich finde, das ist eine zufriedenstellende Ausbeute und ein gelungener Einstieg in die deutschsprachige moderne Lyrik.