Rezension zu "Weltenbrand" von Richard Overy
Overys "Weltenbrand" ist für mich das neue Narrativ über den 2. Weltkrieg, und ich versuche beinahe alle vorhandene Literatur dazu aufzuarbeiten. Overy gelingt es im Gegensatz zu vielen seiner europäischen Historikerkollegen den Gegenstand aus einer neutralen Übersichtsperspektive höherer Ordnung zu schildern. Mit "Weltenbrand" ist ihm sein Opus Magnus gelungen, erzählerisch, aber auch vom methodischen Ansatz her. Es gab zwar bereits mit Beevor Ansätze den 2. Weltkrieg zu Beginn der 1930er Jahre aus asiatischer Sicht aufzurollen, was letztlich aber defizitär blieb. Overys Aufhänger für die Erklärung des 2. Weltkriegs lautet: Imperialismus.
Zum Inhalt: Richard Overy zeichnet ein umfassendes, neues Bild des Zweiten Weltkriegs – als das letzte Aufbäumen des Imperialismus. Er zeigt ihn als den alles Vorangegangene übertreffenden imperialistischen Krieg – in dem Achsenmächte ebenso wie Alliierte danach strebten, Imperien zu festigen, zu verteidigen, zu erweitern oder auch erst zu schaffen. Ein weltumspannendes, zeitlich weit ausgreifendes Geschehen und eine Perspektive, in der etwa der Krieg im Pazifik stärker als bisher üblich in den Blick gerät; beginnend bereits 1931 mit dem Einfall des Japanischen Kaiserreichs in die Mandschurei, der die Richtung vorgab für das exzessive Expansionsstreben Italiens und Nazideutschlands. Overy schildert die Ereignisse, die in die Katastrophe führten, ebenso wie die Folgen für die neue Weltordnung nach 1945; er zeigt die geopolitisch-strategische wie die menschliche Dimension dieses Krieges, mit dem das imperialistische Zeitalter sein Ende finden sollte.
Das Opus magnum eines der bedeutendsten Historiker des Zweiten Weltkriegs, das Ergebnis jahrzehntelanger Forschung – und eine Neubewertung dieses zerstörerischsten aller Kriege, die uns auch unsere Gegenwart mit anderen Augen sehen lässt.
Overys innovative Leistung besteht darin, dass er den 2. Weltkrieg als Anfang vom Ende des Imperialismus sieht. Dabei gibt es letztlich drei Parteien. Die alten Imperialisten wie England und Frankreich, die neuen Imperialisten wie Deutschland, Italien und Japan und die USA, die jeglichen Imperialismus verurteilten. Letztlich endete der 2. Weltkrieg mit der Niederlage aller Imperialisten, denn nach 1945 befreiten sich die noch vorhandenen Kolonien von den Herkunftsländern, auch wenn dies ein schmerzhafter Prozess der Loslösung bis in die 1960er Jahre war. Jeder, der sich für den 2. Weltkrieg interessiert, sollte dieses Buch gelesen haben.