Cover des Buches Bildnis einer Dame. Roman (ISBN: 9783730602805)
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Rezension zu Bildnis einer Dame. Roman von Henry James

[Rezension] "Bildnis einer Dame" - psychologisches Meisterwerk

von SicaUee vor 8 Jahren

Rezension

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SicaUeevor 8 Jahren
Isabel Archer erbt überraschend ein Vermögen und dadurch eröffnen sich der eigensinnigen und selbstbewussten jungen Amerikanerin viele Möglichkeiten. Sie nutzt dies auch gleich für weite Reisen, um sich die Welt anzusehen und Erfahrungen zu sammeln.
Umworben wird Isabel im Laufe der Geschichte von drei Männern. Zunächst einmal, seit Jahren schon, von Caspar Goodwood, den sie von jung auf kennt. In England, wo ihr Onkel lebt, lernt sie Lord Warburton kennen, der sie ebenfalls heiraten möchte und schließlich begegnet sie noch Gilbert Osmond, einem Amerikaner, der schon lange in Italien lebt und aus seiner ersten Ehe eine Tochter mitbringt, der auch Interesse an ihr zeigt. Was wird Isabel aus ihren Möglichkeiten machen?

„Bildnis einer Dame“ ist das erste Werk, das ich von Henry James gelesen habe, ich habe mich vorher nicht sonderlich mit dem Thema beschäftigt, weil ich unvoreingenommen an diese Geschichte gehen konnte. Isabel hat einen etwas seltsamen Charakter, wie überhaupt der Roman vor lauter interessanten und eher sonderbaren Figuren wimmelt. James schildert Isabels Innenleben, ihre Gedankenwelt ziemlich detailliert, zeigt, wie wichtig ihr ihre Freiheit und Unabhängigkeit sind und warum sie die Entscheidungen trifft, die sie trifft. Man kann einige ihre Entscheidungen vielleicht nachvollziehen, gutheißen mag man sie nicht, mehr werde ich nicht dazu sagen.

„Ihr Leben sollte stets im Einklang mit dem angenehmsten Eindruck sein, den sie zu erwecken vermochte; sie wollte sein, was sie schien, und wollte scheinen, was sie war. Zuweilen ging sie so weit, zu wünschen, sie befände sich eines Tages in einer schwierigen Lage, nur um des Vergnügens willen, sich dann so heldenhaft zu erweisen, wie die Gelegenheit es erforderte.“ (S. 54)

Obwohl man Isabel also eigentlich sehr „nahe“ kommt, weil ihr Innenleben so genau dargestellt wird und man ihre Entwicklung über einige Jahre hinweg sehr ausführlich miterlebt, hatte ich das Gefühl, dass sich eine gewisse Distanz zu ihr aufgebaut wurde, wirklich sympathisch wurde sie mir nicht. Aber vielleicht war das auch nur mein Eindruck.

James' Schreibstil ist sehr detailreich, die Figurenzeichnungen sind sehr differenziert und ausgearbeitet, nicht nur die von Isabel. Es ist nicht die leichteste Lektüre, gerade bei den Dialogen wurde oft mehr gesagt, als es zuerst scheint, man muss schon sehr genau lesen und viel darüber nachdenken, sonst entgeht einem sehr viel. Die Sprache ist aber wirklich wunderschön, oft habe ich Sätze immer wieder gelesen, weil sie so unglaublich schön formuliert waren.

„Bildnis einer Dame“ ist ein Klassiker, für den ich mir sehr bewusst viel Zeit genommen habe. Über ein paar Wochen hinweg habe ich, stets abends, immer nur ein, zwei Kapitel gelesen, um genug Zeit zu haben, über das Gelesene nachzusinnen. Mir ist bestimmt trotzdem noch so einiges entgangen, mir schwebt vor, das Buch in ein paar Jahren noch mal zu lesen...
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