Cover des Buches Briefe in die chinesische Vergangenheit (ISBN: 9783423211734)
Rezension zu Briefe in die chinesische Vergangenheit von Herbert Rosendorfer

Briefe in die chinesische Vergangenheit

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Kontrovers und viel politischer als es auf den ersten Blick scheint.

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren

Meine Meinung

Ich finde es äußerst schwierig, zu diesem Roman eine Rezension zu verfassen. Nicht, weil ich zu der Geschichte nichts zu sagen hätte, sondern weil es in diesem Fall besonders schwer ist, zwischen den im Buch geäußerten Ansichten und der Meinung des Autors zu trennen. „Briefe in die chinesische Vergangenheit“ ist ein sehr politisches und gesellschaftskritisches Werk, im Grund mehr Manifest als Roman. Von Umwelt, Rechtssystem und Ernährung bis hin zu Religion, Bildung, Gesundheitssystem und Politik wird die Lebensweise des modernen Deutschen hier unter die Lupe genommen – mit vernichtendem Urteil. Und während ich Rosendorfers Kritik größtenteils zustimme, würde ich mich in einigen Punkten auf keinen Fall anschließen – wobei ich hier wie gesagt von ausgehe, dass es bis zu einem gewissen Grad tatsächlich seine Meinung ist.

Allerdings sind die Briefe, in denen uns das Leben der „Ba Yan“ beschrieben wird, von einem Mandarin aus dem 10. Jahrhundert verfasst, und viele Bewertungen lassen sich sicher mit dessen kulturellen Hintergrund erklären. Beispielsweise möchte ich dem Autor nur ungern unterstellen, ein Verfechter von Bigamie, Todesstrafe, Feudalismus und allgemeiner Unterdrückung der Frau zu sein. Schon eher als Meinung Rosendorfers würde ich interpretieren, dass hier die Teilung Deutschlands befürwortet und Psychologie als Wissenschaft grundsätzlich abgelehnt wird. Keinem von beidem wurde ich auch nur ansatzweise zustimmen. Vereinzelt merkt man außerdem, dass das Buch ein bisschen Staub angesetzt hat (erschienen ist es 1983), etwa wenn es um das Waldsterben, den kalten Krieg oder „neue“ Medien (= Fernseher) geht.

Ich habe „Briefe in die chinesische Vergangenheit“ definitiv als gesellschaftspolitische Stellungnahme gelesen, doch davon mal ganz abgesehen ist der Roman auch ein wunderbar witziges Lesevergnügen. Für Kao-tai ist die Zeitreise natürlich ein unfassbarer Kulturschock und sieht Dinge, die für uns ganz alltäglich sind, mit ungläubigem Staunen. Ich hatte viel Spaß daran, seine Briefe zu lesen, besonders die Verballhornung deutscher Begriffe hat mich so manches Mal zum Lachen gebracht. Zudem ist Kao-tai ein wunderbar sympathischer Protagonist und geht wunderbar offen und neugierig durch die Welt.

Fazit

Ein kontroverses und zumindest größtenteils immer noch sehr aktuelles Buch! Dass die „Briefe in die chinesische Vergangenheit“ sehr amüsant zu lesen sind, konnte mich allerdings nicht darüber hinwegtrösten, dass hier ein paar ziemlich fragwürdige Ansichten geäußert werden.

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