Was überhaupt nicht in eine Rezension gehört, trotzdem gleich zu Beginn, denn es gibt sie noch, die unglaublichen Zufälle:
Hermann van Veen feiert im Frühjahr 2025 seinen achtzigsten Geburtstag, weshalb sein neues Programm, mit dem er bis Ende des Jahres unterwegs sein wird, schlicht "Achtzig" heißt. Jetzt kommt der Rezensent ins Spiel, denn nach mehreren Kontrollzählungen steht fest, dass er hiermit die "achtzigste" Rezension für die Verlagsgruppe Droemer Knaur vorlegt!
Jetzt also zu "Jahreszeiten" und man könnte ja, wie schon einmal gesagt, meinen, dass nach 80 (schon wieder diese Zahl) Büchern (und 180 CDs) genug gesagt und gesungen wäre. Schöner kann ein Irrtum nicht sein, denn dem ist bei Weitem nicht so. Eine Melancholie liegt zwar wie eh und je über allem, doch nun wird sie, (nicht nur) in "Regenreise", deutlicher und lauter:
"Versuchst
aufrecht weiterzugehen
und zu hoffen
ich bin noch
nicht dran"
Notizen wie aus einem Tagebuch vermischen sich mit den immer unvermeidlicheren Rückblicken, kongenial von Thomas Woitkewitsch übersetzt, die sehr persönlich aber auch Einfluss und Zustand dieser Welt reflektieren. Stets beginnt Herman van Veen jedoch im kleinsten Rahmen damit. Dort, wo die Dramen ihren Anfang nehmen und langsam immer größer werden:
"Opa geht nach Haus, um einen kleinen Vers zu schreiben, bevor er ihn vergisst." (Aus "Braut")
Es ist und es bleibt so: Was Herman van Veen schreibt, hört sich stets an wie gesungen. Melancholie, aber auch Hoffnung und Zuversicht sind Dauergäste und applaudieren sich gegenseitig. Er sieht das Leid der Welt, doch er will nicht darin versinken und weigert sich standhaft, sich ihm gar zu ergeben. Wie es scheint, sind Lachen und Weinen sehr gute Nachbarn.
Einmal mehr schreibt er sich um die ganze Welt, quer durch die Vergangenheit, trifft auf die Gegenwart und verwebt sie mit dem eigenen, ganz persönlichen Lebenslauf, immer auf der Suche nach einem Sonnenstrahl, möge er sich auch noch so gut verstecken.
Weit ist der Weg von Tim und Struppi, kanadischen Buschbränden, New Yorker Luftverschmutzung, Erdbeben in der Türkei, Krebserkrankungen, hin zu Erinnerungen an Kindertage und Jugend, Baumsterben, Bodenverdichtung, Hexenverfolgungen, aktueller Politik, bis zur "Illusion von Individualität" oder der Wichtigkeit von Gesang.
Selbst in der Erdgeschichte reist er weit zurück. Weiter zurück, als wir uns vorstellen können. Einst lebte und wuchs nichts auf dem Planeten. Immerhin habe es aber schon Geruchsmoleküle gegeben:
"Das war lange vor der Ankunft der Füße."
"Jahreszeiten" ist ein Buch, das den Gedanken das Springen lehrt. Entstanden vielleicht aus der Idee, den Kopf etwas zu entlasten. Schließlich müssen Jahr für Jahr mehr Erinnerungen gespeichert werden. Eine Lösung wäre, "möglichst viel zu vergessen". Aber was passiert, wenn es nicht gelingen mag?
"... dann schreibe ich das, was ich loswerden will, auf wie in dieses Buch."
Herman van Veen
Lebenslauf
Das Allroundtalent: Herman van Veen, geboren am 14. März 1945 in Utrecht, ist ein niederländischer Violinist, Songwriter, Schauspieler und Schriftsteller. Er studierte Musikpädagogik, Geige und Gesang am Utrechter Konservatorium. Dort war er Mitbegründer der Kabarett-Gruppe Chanrant Harlekijn. Nach ersten Auftritten folgten schon Fernsehauftritte und Schallplattenaufnahmen.
1972 wurde er dann für den deutschsprachigen Raum entdeckt. Seine Lieder wurden ins Deutsche übersetzt, er hatte regelmäßige Auftritte auf deutschen Bühnen und auch sein Kulturmagazin „Herlekijn“ erschien in Deutschland. Seitdem hat van Veen über 140 Tonträger, über 60 Bücher und zahlreiche Drehbücher veröffentlicht. Der Autor ist auch politisch aktiv und setzt sich vor allem für die deutsch-niederländische Freundschaft ein. Für seine Beiträge wurde er mit dem Verdienstkreuz des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland ausgezeichnet. Außerdem bekam er schon den Louis-David-Preis, die Goldene Kamera, des Prix Charle Cros, den World Peace Flame und die Martin-Buber-Plakette.
Alle Bücher von Herman van Veen
Mütter
Solange es leicht ist
Jahreszeiten
Unter einem Dach
Alfred J. Kwak, Mein abenteuerliches Leben
Bevor ich es vergesse
Das Leben ist ein Wunder
Lieber Himmel
Neue Rezensionen zu Herman van Veen
Herman van Veen zieht mit seinem neuen Buch "Jahreszeiten" ein Resümee und lässt seine Erinnerungen, ähnlich wie die bunten Blätter des Covers, auf die Seiten seines Buches fallen. Es sind Gedanken, entstanden in seinem eigenen Lebensherbst, die vom immerwährenden Kreislaufs des Neubeginns, vom Prozess des Loslassens und vom Suchen und Finden des Lebenssinns handeln.
Poetische, melancholische und nachdenklich stimmende Worte, die manchmal weit zurück in die Kindheit des Autors führen, den Bogen zum Verlauf seiner Karriere spannen und schließlich im Hier und Jetzt ankommen. Wehmütige Worte, die vom Verlust geliebter und geschätzter Menschen handeln, finden sich ebenso wie tiefgründige Gedanken über die leb- & lieblose Gesellschaft, die eher wegschaut als hinsieht.
Erinnerungen werden zu "Jahresringen auf Papier", das Lebensbuch füllt sich immer mehr, während das Notizbuch mit Adressen von Bekannten und Verwandten immer dünner wird. Van Veen spricht in vielen Bildern, lässt den Himmel voller Geigen hängen und zeigt, wie sehr der Mensch zur Marionette geworden ist, bezieht jedoch immer wieder seine eigenen Rückblicke mit ein und strickt daraus Lebenserinnerung, die mal heiter und mit Augenzwinkern versehen sind, aber auch eine nachdenkliche Saite zum Klingen bringen.
Ein Resümee, das zwar nicht immer einem bestimmtem roten Faden folgt, sondern eher einem Kieselstein gleicht, der - einmal ins Wasser geworfen - immer größere Kreise zieht. Das Leben als Vergleich zum Aufblühen, Werden und langsamen Vergehen in den Jahreszeiten - stimmungsvoll und lesenswert von Herman van Veen zusammengefasst.
… spricht Herman van Veen offenherzig und poetisch in kleinen Episoden nicht nur von seiner, sondern verschiedensten Müttern. Beschreibt den Abschied: wie gut man es zusammen hatte, wie sie uns fehlen und was man ihnen gern noch gezeigt hätte.
Wunderbare Sätze wie „Du bist das Sicherste, was mir in diesem verwirrenden, schönen, langen Leben passiert ist“ erklingen in der ihm eigenen Sprache fast wie eines seiner Lieder.
Der wortgewaltige, weite Bogen von biographischen, historischen und auch märchenhaften Szenen bis hin zu aktuellen, wissenschaftlichen Themen wie Robotern, Science, KI sowie Ukraine Krieg und Corona ist dann ein wenig Geschmacksache.
Die leisen Töne in der Familie und der Natur gefielen mir am besten.
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Zusätzliche Informationen
Herman van Veen wurde am 14. März 1945 in Utrecht (Niederlande) geboren.
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