Hermann Bausinger

 3,9 Sterne bei 14 Bewertungen
Autor von Vom Erzählen, Wie ich Günther Jauch schaffte und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Hermann Bausinger kommt 1926 in Aalen zur Welt. Er ist emeritierter Professor der Universität Tübingen. Von 1960 bis 1992 wirkte er als Leiter des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft. Zu seinen Forschungsschwerpunkten gehören Alltagskultur, Kultur- und Sozialgeschichte, Volksliteratur, Sprach- und Dialektprobleme, Landeskunde. Hermann Bausinger ist der Verfasser zahlreicher Publikationen zur Alltagskultur, Kulturgeschichte, Landeskunde.

Alle Bücher von Hermann Bausinger

Cover des Buches Vom Erzählen (ISBN: 9783777630977)

Vom Erzählen

 (4)
Erschienen am 15.02.2022
Cover des Buches Der herbe Charme des Landes (ISBN: 9783940086983)

Der herbe Charme des Landes

 (3)
Erschienen am 22.08.2011
Cover des Buches Wie ich Günther Jauch schaffte (ISBN: 9783863510206)

Wie ich Günther Jauch schaffte

 (3)
Erschienen am 19.09.2011
Cover des Buches Seelsorger und Leibsorger (ISBN: 9783940086952)

Seelsorger und Leibsorger

 (2)
Erschienen am 21.03.2011
Cover des Buches Typisch deutsch (ISBN: 9783406599781)

Typisch deutsch

 (1)
Erschienen am 29.10.2009
Cover des Buches Deutsch für Deutsche (ISBN: 9783596304219)

Deutsch für Deutsche

 (0)
Erschienen am 15.09.2015
Cover des Buches Eine Schwäbische Literaturgeschichte (ISBN: 9783863514242)

Eine Schwäbische Literaturgeschichte

 (0)
Erschienen am 15.09.2016
Cover des Buches Vom Erzählen (ISBN: 9783777631790)

Vom Erzählen

 (0)
Erschienen am 15.02.2022

Neue Rezensionen zu Hermann Bausinger

Cover des Buches Vom Erzählen (ISBN: 9783777630977)
Gwhynwhyfars avatar

Rezension zu "Vom Erzählen" von Hermann Bausinger

Stilrichtungen; Sprachelemente, Werkzeuge mit denen man stilistisch eine Erzählung reicher macht
Gwhynwhyfarvor einem Jahr

Der Anfang: «Erzählen können Alle. Zugegeben: Wenn in solchen Zusammenhängen von Allen gesprochen wird, handelt es sich meist um eine Übertreibung. Aber es trifft zu, dass Erzählen eine Kunst ist, die allen Menschen geschenkt ist. Nicht nur zum Zuhören, sondern auch zur Gestaltung. Menschen ohne physische Sprechbehinderung und ohne extreme Vereinsamung sind fähig zu erzählen, und sie machen von dieser Fähigkeit Gebrauch, wenn auch in sehr unterschiedlichem Ausmaß. Die Frequenz ist nicht nur von ihrer persönlichen Neigung abhängig, sondern auch von ihrer gesellschaftlichen Einbindung und ihren Lebensverhältnissen.»


Der Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger galt als lebende Legende und wurde scherzhaft als «Tarzan-Professor» tituliert, da er Comics als Kulturwissenschaft mit einbezog und so das Fach Volkskunde entstaubte. Er ist im November 2021 in Reutlingen verstorben. Dies ist damit sein letztes Buch. Er untersuchte für dieses Sachbuch das alltägliche Erzählen - also Witze, Anekdoten, Märchen, allgemeine Plaudereien und natürlich Übertreibungen, der Schwatz im Treppenhaus, über den Gartenzaun – die soziale Kommunikation – eine Interaktion, die nicht der Wissenserweiterung dient, sondern die Beziehung zu anderen Menschen herzustellen, zu erhalten, zu verfestigen. Das Buch ist in drei Teilen strukturiert. Zunächst geht es um das Erzählen an sich, Orte, Gelegenheiten, Riten, Themen, über die man redet – wie entstehen Erzählungen. Im Mittelteil stellt Hermann Bausinger Erzählmuster vor, die sich in der Entwicklung der Menschheit manifestiert haben, mit welchen Hilfsmitteln sie konstruiert wurden, welche Bedeutung sie noch heute haben und wie sie sich verändern. Im letzten Teil erfahren wir etwas über Stilrichtungen; Sprachelemente stehen hierbei im Blickpunkt, Werkzeuge mit denen man stilistisch eine Erzählung reicher macht. Erzählen ist für Bausinger «eine zentrale Ausdrucksform menschlicher Kultur».


«Mit-Teilung in gehobener Bedeutung. Die Teilhabe der Hörenden festigt die Verbindung, auch dann, wenn es sich um eine informationsarme oder gar tautologische Äußerung handelt.»


Was unterscheidet den Menschen vom Tier? Lange Zeit war die einleuchtende Antwort auf diese Frage: die Sprache. Aber je genauer die Zoologen beobachten, desto deutlicher wird, dass auch Tiere «sprachliche» Signale aussenden und verstehen. Den Unterschied macht der menschliche Umgang mit der Sprache - nicht nur ihre niedergeschriebene Fixierung, sondern auch ihre Reichweite: Sie schafft die Möglichkeit, die Grenzen von Raum und Zeit und sogar die Realität zu überschreiten; sie erschließt Geschichte und bringt Geschichten hervor. Wir erzählen! Und natürlich haben wir die Fähigkeit, zu lügen. Bausinger erklärt, wie sich Gerüchte entwickeln, verfestigen, wie Menschen einander Dinge erzählen. Er erklärt sogenannte «Wiederholungsorgien» und Dauerschleifen-Lügen. Die glaubhafteste Geschichte, so erklärt er, ist die, in der ein Erzähler zum Besten gibt, selbst dabei gewesen zu sein, noch besser, als Akteur beteiligt gewesen zu sein. Einer erzählt eine unglaubliche Geschichte – Staunen – Zweifel. Dann bestätigt ein anderer, er kenne den Akteur persönlich, es sei wahr. Und schon sind die Zweifel ausgelöscht. 


«Das literarische Erzählen hat seine eigenen Gesetze, paradoxerweise mit einer weitgehenden Gesetzlosigkeit als Charakteristikum. In der Novelle ist nach der von Goethe eingeführten Formel prinzipiell die Wende durch eine unerhörte Begebenheit gefordert, und vom Roman erwartet man die konsequente Verknüpfung komplexer Erzählstränge. Für die Erzählung scheiden solche einigermaßen verpflichtenden Vorgaben aus, und die Variation reicht von der knappen Schilderung in einer Skizze bis zur Ausbreitung diverser Ereignisse und Sachverhalte über Hunderte von Seiten.»


Ist eine Erzählung harmlos? Sprache kann verführen, lügen. Das wissen wir – Propaganda. Aber wie sieht es mit kollektiven Charakterisierungen aus? Einen zentralen Platz nehmen dabei die Märchen ein, aber auch Legenden, moralische Geschichten, die unser kulturelles Gedächtnis beeinflussen. Denn bereits im Kleinen zeigt sich im Märchen die Veränderung, je nachdem, welche Kultur erzählt. Bausinger vergleicht das deutsche «Rotkäppchen» mit der französischen Version «Le petit chaperon rouge», wobei Moral , deutsche Pädagogik und Demagogie eine Rolle spielen. Der Franzose Perrault verzichtet in seiner Interpretation auf «vulgäre» Beschreibung (z. B. Kannibalismus). Sexuelle Anspielungen sind hier im Spiel: Rotkäppchen legt sich nackt zum Wolf ins Bett, als er sie dazu auffordert. Am Ende werden Großmutter und Rotkäppchen vom Wolf gefressen. Ende. Im Anschluss an die Geschichte folgt ein kleines Gedicht: Ein kleines Mädchen warnt hier vor Sittenstrolchen. Das Märchen wird als Aufklärung und Warnung genutzt. Ein interessantes erzählendes Sachbuch, das analytisch das menschliche Erzählen erklärt, auf eine humorvolle Weise – eben erzählend. Es gibt eine Menge Ansatzpunkte zum Nachdenken und für Schreibende und Lesende wertvolle Tipps. Empfehlung!



Hermann Bausinger galt als lebende Legende und wurde schon mal als »Tarzan-Professor« tituliert. Der Grund: Er bezog auch Comics in seine neue Form der Kulturwissenschaft mit ein und erneuerte und entstaubte das Fach Volkskunde. Bausinger, 1926 in Aalen geboren, war an der Universität Tübingen viele Jahre Leiter des Ludwig-Uhland-Instituts für Empirische Kulturwissenschaft. Er veröffentlichte unzählige Publikationen, erhielt zahlreiche Auszeichnungen und Preise und warMitglied vieler Gremien und wissenschaftlicher Gesellschaften. Hermann Bausinger ist am 24. November 2021 in Reutlingen verstorben.


Cover des Buches Vom Erzählen (ISBN: 9783777630977)
B

Rezension zu "Vom Erzählen" von Hermann Bausinger

Ein Buch, das vom Erzählen erzählt
belanaherminevor 2 Jahren

Inhalt

Nach einer Einleitung ist das Buch in 3 Teile unterteilt. Im ersten geht es ganz allgemein ums Erzählen - warum man erzählt, in welchen Situationen man erzählt, worüber man erzählt. Teil zwei stellt Erzählmuster vor, die sich bisher herausgebildet haben, inwieweit sie heute noch anzutreffen sind und wie sie überformt wurden. Der dritte Teil befasst sich mit Stilrichtungen von Erzählungen, wobei insbesondere die Verwendung bestimmter Sprachelemente im Mittelpunkt steht.

Am Ende des Buches finden sich neun Seiten ergänzende Hinweise, in denen ein paar weiterführende Lesetipps enthalten sind.

Subjektive Eindrücke

Ein durchaus lesenswertes Buch, das schon allein durch seinen erzählenden Schreibstil beispielgebend für das Erzählen ist. Alles ist gut verständlich und angemessene Beispiele lockern den Text weiter auf.

Die Gliederung des Buches liest sich gut durchdacht und strukturiert. Beim Lesen habe ich diese Struktur allerdings nicht immer wiederfinden können.

Trotzdem habe ich das Lesen sehr genossen und kann das Buch guten Herzens empfehlen.

Fazit

Erzählend übers Erzählen geschrieben.

Weitere Rezensionen von mir gibt es unter https://belanahermine.wordpress.com/category/rezension/

Cover des Buches Vom Erzählen (ISBN: 9783777630977)
Olivia_Groves avatar

Rezension zu "Vom Erzählen" von Hermann Bausinger

Geistig anregendes Sachbuch mit viel Esprit
Olivia_Grovevor 2 Jahren

Der 2021 verstorbene Kulturwissenschaftler Hermann Bausinger widmete der Erzählkunst sein letztes Buch. Auf den 208 Seiten nimmt er uns mit in die Welt des Erzählens, der Märchen, Übertreibungen, Stilebenen und des Witzes. Dabei analysiert er nicht nur Gespräche über den Gartenzaun oder auf einer Sommer-Gartenparty, sondern widmet sich auch dem Sinn sinnloser Geschichten, "Wiederholungsorgien" der Fernsehsender, aber auch Fragen, wie sich Gerüchte entwickeln und wie Menschen einander Dinge erzählen. Zu nebensächlich? Nicht, wenn Bausinger Philosophie und Wissenschaft mithilfe vieler Beispiele so facettenreich und unterhaltsam verwebt.

Im Kapitel zur Erzähltheorie des Sprachwissenschaftlers Philipp Perlmann zitiert der Autor: "Man eigne sich die eigene Vergangenheit an, indem man daraus einen Sinn mache. Das Verstehen, das durch das erzählende Erinnern erreicht werde, (...) bringe das entscheidende Gefühl der Zugehörigkeit zu einem selbst hervor." Daraus schlussfolgernd sei das eigene Selbst, ein sich dauernd erweiterndes Gespinst von Geschichten – "wie ein Gebilde aus Zuckerwatte auf dem Jahrmarkt, nur ohne Materie". (S. 42)

Der Erzählforscher zeigt auch am Beispiel von provokanten Witzen auf, die nach der Challenger-Katastrophe – die sieben Astronauten den Tod brachte –, dass genau die Aspekte zur Sprache kommen, die in den "bombastischen Medienberichten kaum auftauchten, obwohl es die eigentliche Tragödie ausmacht". (S. 132)

"Where are the astronauts spending their vacation? – All over Florida."

Die aufgeführten Witze verletzen Tabus, dennoch bewegen sie die Menschen und brechen den Schockzustand hilflosen Schweigens.


"Vom Erzählen: Poesie des Alltags" ist eine charmante, kurzweilige und anregende Lektüre mit feinen Akzentuierungen, für die ich eine absolute Leseempfehlung ausspreche.
Abschließen möchte ich meine Rezension mit dem im Buch erwähnten Epigramm "Dilettant" von Friedrich Schiller, das sich gegen Selbstüberschätzung dilettierender Poeten richtet:
"Weil ein Vers dir gelingt in einer gebildeten Sprache, die für dich dichtet und denkt, glaubst du schon Dichter zu sein?" (S. 161)


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