Wenn es solche historischen Reiseberichte nicht geben würde, hätten wir kaum eine Vorstellung von der Vergangenheit und ihrem Zeitgeist. Heute können wir, das nötige Kleingeld vorausgesetzt, jeden Ort der Welt in ein oder zwei Tagen erreichen. Vor zweihundert Jahren sah das noch völlig anders aus.
Die beiden CDs enthalten einen Bericht des Fürsten Pückler über seine Reise entlang des Nils und den Bericht des deutschen Matrosen Heinrich Zimmermann, der auf einem der beiden Schiffe an der letzten Weltreise des Kapitän Cook teilnahm.
Zimmermanns Schilderungen sind überaus interessant, denn sie beschreiben die genauen Umstände der Ermordung Cooks. Darüber hinaus begreift man die vielen Schwierigkeiten, die man damals lösen musste, wenn man mit zwei großen Schiffen vier Jahre (1776-80) um die Welt segeln wollte Schließlich existierte zu dieser Zeit keine allumfassende Kommunikation, es gab keine genauen Seekarten, keine gesicherte Versorgung in bekannten Häfen, kein Wetterradar, keine Satellitennavigation und vor allem nicht die heutigen Konservierungsmethoden für Lebensmittel.
Zimmermann beschreibt in Kurzform die gesamte Reise von England ums Kap der Guten Hoffnung nach Australien und Tasmanien und von dort nach Hawaii, ins Bering-Meer, nach Kamtschatka, Nordjapan, und schließlich über Macao und die Südspitze Afrikas zurück nach England, das sich gerade im Seekrieg befand. Da es den Matrosen verboten war, Aufzeichnungen vom Schiff mitzunehmen, gelang es Zimmermann nur, eine kleine Schiefertafel an Land zu schmuggeln, um danach seine Erlebnisse mit Hilfe dieser wenigen Notizen aus dem Gedächtnis aufzuschreiben.
Man erfährt aus seinem Bericht sehr viel über den Charakter und die Umsicht des berühmten Kapitäns und dessen offenbar großartigen organisatorischen Talents und seiner überragenden Führungsfähigkeiten. Zimmermann schildert nicht nur die Reise selbst, sondern auch ihre Umstände, wie die Versorgung mit Lebensmitteln und Wasser, die Hygiene an Bord, die Pflege von Kranken und die Vergnügungen der Besatzung mit den einheimischen Frauen.
Der Text wird eindrucksvoll von Herbert Schäfer gelesen.
Fürst Pückler war eine schillernde Figur seiner Zeit. Vielen wird er nur noch wegen einer Eisspeise oder vielmehr wegen seiner Parks in Erinnerung sein. Sein ehemaliges Schloss und dessen herrlicher Park befinden sich in Bad Muskau, knapp zwei Auto-Stunden nördlich von Dresden. Im Gegensatz zum Matrosen Zimmermann besaß Pückler ein anderes Sprachvermögen. Das macht das Hören dieser Geschichte noch zusätzlich interessant, denn seine Ausdrucksweise klingt für unsere Ohren heute etwas drollig. Pückler erzählte 1837 über seine Reise entlang des Nils. Seine recht genauen Schilderungen sind manchmal etwas langatmig, besonders dann, wenn er Parks und Bauwerke beschreibt, die sich der Hörer nicht vorstellen kann, weil er sie nicht sieht.
Viel interessanter hören sich hingegen die Schilderungen der äußeren Umstände und der Menschen an, mit denen er dort zu tun hatte. Sie vermitteln einen authentischen Eindruck des damaligen Ägyptens. Insbesondere wurde mir bei den Berichten über seinen Besuch der Pyramiden richtig bewusst, mit welcher räuberischen Gesinnung die Europäer damals das Kulturgut der Ägypter behandelten. Auch das Verhalten von Sklaven und einen Sklavenmarkt hatte ich mir etwas anders vorgestellt.
Hubertus Gerzen liest den manchmal für unsere Ohren etwas ungewohnten Text ganz hervorragend.
Beide Reiseberichte sind etwas für Menschen, die die Geduld besitzen, sich auch Texte in einer ungewohnten Ausdrucksweise anzuhören. Immerhin bieten sie die einmalige Gelegenheit, Originalberichte aus einer längst vergangenen Zeit zu hören, in der alles viel umständlicher, langsamer und unbequemer zuging.
Fazit.
Diese Ausgabe enthält zwei sehr gut vorgetragene Reiseberichte aus längst vergangener Zeit, aus denen man vielleicht mehr lernen kann, als aus Geschichtsbüchern der Gegenwart, die niemals den Zeitgeist und die Denkweise längst vergangener Tage transportieren können. Allerdings muss man auch die Geduld aufbringen, wenn es in einigen Passagen langatmig wird. Damals tickten die Uhren gefühlt vielleicht etwas anders.
Für Interessenten historischer Reiseberichte