Rezension zu "Theorie und Praxis der antiautoritären Erziehung" von Alexander Sutherland Neill
1969 erschien dieses Buch und verstand sich als Gegenentwurf zur bis dato etablierten Erziehungsmethode. Wir haben hier es natürlich mit einem Buch zu tun, dass im Dunstkreis der 68er-Bewegung und ihrer Phänomene reflektiert wurde; Neill (Jahrgang 1883) beruft sich stark auf Freuds Erkenntnisse. - Das hinter der Summerhill-School stehende Konzept konnte mich ansatzweise überzeugen. Eine stigmatisierungsfreie Erziehung ist gut und sollte weitgehend angestrebt werden; heute würde man sowas möglicherweise als "liberale" oder "weltoffene" Erziehung bezeichnen. Ob allerdings - wie Neill dies hoffnungsvoll annimmt - Homosexualität oder eine hohe Scheidungsrate vermieden werden kann, muss wohl eher bezweifelt werden. Neills Schreibstil war sehr holprig; die Erklärungsmuster irgendwie platt, grob und manchmal sperrig. Das Lesen war daher lediglich nur dann möglich, wenn man den Inhalt des Buches auf das rein Theoretische abstrahierte und nicht das Lesen als solches als Entspannung verstand. Erich Fromm's Vorwort war sprachlich im Gegensatz zum Hauptteil Balsam. Für Erziehungswissenschaftlicher wohl ein Basistext, um die Neuerungen der Erziehungsmethoden seit den 68ern besser zu verstehen; für den "Normal-Interessierten" leider weniger interessant und auch nur partiell überzeugend.