Mein Fazit: Fachlich sicherlich gut, aber für Laien eher ein Nachschlagewerk als ein Grundkurs.
Mein Fazit: Fachlich sicherlich gut, aber für Laien eher ein Nachschlagewerk als ein Grundkurs.
Quelle: Verlag / vlb
Anfangs habe ich mich mit dieser Biographie sehr schwer getan und zwischendurch zwei andere Bücher gelesen. Das lag an dem sperrigen Stil, den der Autor bisweilen an den Tag legt und an seiner Detailversessenheit, etwa bei der Beschreibung der unübersichtlichen Ahnenreihe Konrads. Ich habe Geschichte studiert und bilde mir ein, durchaus ein wenig Grundwissen über das Mittelalter zu besitzen, aber bei der Lektüre kam ich mir manchmal wie der letzte Depp vor. Formulierungen wie "der bekannte Hammersteiner Ehestreit" machen dem Leser deutlich, dass da ein Professor andere Professoren als Zielgruppe im Auge hat, das gemeine Fußvolk wird da eben schnell abgehakt, schon gar der geschichtlich interessierte Laie. Definitiv kein Buch fürs Massenpublikum, wobei es durchaus anders geht, wie zum Beispiel die Theoderich-Biographie von Hans Ulrich Wiemer zeigt.
Trotzdem, hat man sich erst einmal auf das Buch und seinen Stil eigelassen, dann fasziniert die Darstellung Kaiser Konrads, des ersten Saliers, durchaus. Zum Zeitpunkt seiner Geburt stand es nicht in den Sternen, dass er jemals deutscher König, was die Vorstufe zur Kaiserkrönung war, werden würde. Er musste sich bei der Königswahl gegen andere, mindestens ebenso aussichtsreiche Kandidaten durchsetzen. Als Kaiser war er dann erst erste Kaiser dreier Königreiche (Deutschland, Italien und Burgund), Begründer einer Dynastie und weitgehend erfolgreicher Lenker seines Reiches. Innenpolitisch gab es Situationen mit Hauen und Stechen, in denen er Entscheidungen zu treffen hatte, die sich manchmal auch gegen Familienangehörige richteten. Aber Aufgabe eines Kaisers war es eben, den inneren Frieden zu wahren. Dass dabei ganz andere Konfliktlösungsstrategien als heute zutage traten, ist eine Binsenwahrheit.
Wie gesagt, die Biographie hat ihre Stärken, aber der Leser sollte wissen, worauf er sich einlässt, ein Buch, das sich nicht mal so eben nebenher vor dem Einschlafen konsumieren lässt.
Herwig Wolfram - der Verfasser - schreibt gleich zu Beginn, dass es ihm nicht leicht gefallen wäre, über ein Thema kurz und bündig schreiben zu müssen, für das er sonst eine über 600 Seiten starke Monographie geschrieben hätte. - Es gelingt ihm trotz dieser Bedenken doch sehr gut. Thema dieses Beck'sche Wissen's-Band sind die Goten, die im Zuge der Völkerwanderung (Ethnogenese) aus dem Osten Europas aufbrechen, sich später in Ost- und Westgoten teilen und schließlich zum Teil auf dem Gebiet es ehemaligen Römischen Reiches neue Teilreiche eigener Herrschaftsstruktur bilden. Bis nach Nordafrika schaffen sie es schließlich; Westrom fällt 476 durch ihren Einfall in die Stadt. - Die Goten haben somit einen massiven Einfluss in der Spätantike und werden auch für das sich bald formierende frühmittelalterliche Staatsgefüge von tragender Funktion. Herwig Wolfram will zumindest zu allen wesentlichen Punkten etwas sagen: das sieht man an seiner Kapitelwahl. So findet sich im Buch zunächst ein eigener Punkt über die ethnische und geographische Herkunft der Goten; danach geht er ausführlich auf die sich im 3. und 4. Jh. bildenden Gotenreiche in Europa ein. Im Weiteren sind das Tolosanische Reich, Theodoerich der Große mit den schließlich eintretenden Untergang des italischen Gotenreiches sowie der Untergang der Gotenherrschaft in Spanien durch den Einfall der Mauren. Man sieht, er versucht wenigstens politisch-geographisch einen Rund-um-Schlag zu schaffen, die kulturgeschichtlichen Aspekte treten hier leider etwas in den Hintergrund. Wer zur gotischen Kultur Informationen sucht, wird in den kleinen Buch daher wenig finden und sei lieber auf andere Bücher verwiesen, als auf diese Einführungsliteratur. Insgesamt - berücksichtigt man den Charakter als "Einführung" - wird man für einen groben Überblick mit diesem Buch bestens zufrieden sein; für alle weiter darüberhinaus Interessierten sei auf die im Anhang aufgeführte Fachliteratur verwiesen.
Herwig Wolfram wurde am 14. Februar 1934 in Österreich geboren.
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