Dale, Emil und Ben leben und arbeiten in einem Zirkus. Dale und Emil sind beste Freunde, Dale jedoch schwärmt schon lange für Emil. Als Emil andeutet, ebenfalls mehr für Dale zu empfinden, reagiert Dale überfordert. Besonders auch deswegen, weil er mit Ben eine Feindschaft pflegt und Ben ein Auge auf seinen jüngeren, depressiv-erkrankten Bruder Arne geworfen zu haben scheint. Kann Dale das zulassen? Kann er sein Beschützerinstinkt überwinden, oder droht seine eigene Liebe ins Wasser zu fallen, weil die Sorgen um seinen Bruder ihn zu ertränken drohen?
Die romantische Geschichte im Zirkus-Setting wird aus der Perspektive von Dale, Emil, Ben und Arne erzählt, doch Dale ist die heimliche Hauptfigur, da alle Stränge über ihn zusammenlaufen.
Besonders gut gefallen hat mir das erfrischend andere Setting. Das Leben im Zirkus, das Heimatlose und das Finden einer Familie im Unterwegssein, wurde von Hiroki Jäger wunderbar dargestellt und dey schafft es, mit einigen Alltagsszenen und deren Beschreibungen, die Lesenden in eine andere Welt zu entführen.
Eine weitere Stärke ist das Beschreiben von Arnes Depression und der natürliche Umgang mit seiner Asexualität. Letzteres wird in Büchern nicht häufig thematisiert und in unserer sexualisierten Welt wird auch in Liebesromanen zu oft angedeutet, das wahre Glück würden nur die finden, die Sex haben. Arne jedoch sucht etwas anderes. Die Depression und die Panikattacken sind so plastisch beschrieben, dass es mir wehtat (im guten Sinne, da ich mich gut in ihn hineinversetzen konnte). Arne ist eine sehr starke Persönlichkeit, eine so positiv wirkende Person, mit so viel Dunkelheit, mit dem er zu kämpfen hat. Es hat mir wirklich sehr gut gefallen und ich habe Depression noch nicht so oft, so ausbalanciert und trotzdem quälend realistisch dargestellt gelesen.
Ben ist ein weiterer faszinierender Charakter, der eine spannende Vergangenheit hat und in seinem Charakter viel Widersprüchlichkeit trägt. Wir lernen ihn aus Dales Sicht kennen, die ganz anders ist, als die Sicht von Arne. Bens wahre Persönlichkeit kennenzulernen macht einen großen Anteil des Romans aus. Hat mir sehr gut gefallen!
Spannend ist aber auch Dale. Anhand von Dale lernen wir die Perspektive einer nahen Vertrauensperson einer psychisch erkrankten Person kennen und erfahren in seinen Kapitel, wie schwer das sein kann, wie schnell die Vertrauenspersonen selbst in einen Strudel geraten können.
Auch Emil ist gut geschrieben, er ist eine Art Balance, vermittelt zwischen Dale und Ben und zwischen Dale und Arne. Im Gegensatz zu den anderen drei Charakterköpfen bleibt er etwas blass.
Es gibt noch eine Handvoll Nebencharaktere, die in den Nachfolgebände noch wichtiger werden könnten und deren Entwicklung mich ebenfalls neugierig macht.
Es handelt sich bei Zirkuslichter um ein Trilogie. Ich habe Band 1 gelesen und man merkt deutlich, dass wir vieles noch nicht erahnen, vieles nur angedeutet wird. Es macht neugierig auf die weiteren Bücher!
Eine kleine Kritik muss ich auch noch kurz erwähnen: Wir verfolgen den Weg von vier Männern. Doch auch bei den Nebencharakteren sind fast durchgängig nur Männer zu finden und weibliche Figuren nur ganz selten zu sehen. Der Zirkusdirektor und Pflegevater ist ein Mann, ein weiterer Freund von Dale und Emil ist ebenfalls männlich, und steht selbst scheinbar ebenfalls auf Männer, und auch Ben ist nur mit einer Gang aus Männern unterwegs. Ich hätte mir gewünscht, dass zumindest eine Figur eine Schwester, eine beste Freundin oder eine feste Partnerin hätte. Das ist aber nur eine persönliche Perspektive von mir, der weibliche Figuren wichtig sind.
Da ich das Setting, die Beschreibung von Arnes Erkrankung, die schöne Beschreibung des Zirkusalltags und die Tiefgründigkeit der Figuren sehr mochte, vergebe ich 4,5 Sterne und weiß schon jetzt, dass das nicht das letzte Buch von Hiroki Jäger war. Dey schreibt auch als Mika Jäger. Die Zirkuslichter-Reihe wurde unter dem Namen Hiroki Jäger veröffentlicht. Natürlich werde ich die Reihe weiterlesen. Ich bin sehr neugierig, wie es mit Ben weitergeht, wie es mit Arne weitergeht, ob die Nebenfiguren noch wichtiger werden, wie Dale mit all den Konflikten umgeht, mit denen er sich abgeben muss.
Noch eine kurze Anmerkung zum Setting: Auch ich lehne Tierhaltung in echter Zirkusumgebung entschieden ab, aber für mich macht es ein großer Unterschied, ob ich einen Zirkus besuche oder über einen Zirkus lese und die Anwesenheit von Tieren wird kaum thematisiert. Die meisten Figuren sind Künstler und Artisten. Ben zum Beispiel ist Feuertänzer.
Danke an Hiroki Jäger für das Schreiben dieser romantischen Erzählung in diesem besonderen Setting.