Rezension zu "Ein Monat in Siena" von Hisham Matar
„Worte sind Philosophien. Wir müssen annehmen, dass jedes einzelne von ihnen sich seiner Widersprüche bewusst ist und seine Bedeutung ernst meint“ (S.28).
Nach der Beendigung seines dritten Romans „Die Rückkehr. Auf der Suche nach meinem verlorenen Vater”, der u.a. mit dem Pulitzerpreis ausgezeichnet wurde, begibt sich Hisham Matar auf eine längere Reise nach Siena. Ein lang gehegter Traum. Aus Leidenschaft für die Sienesische Malerschule und ihre Künstler aus dem 13.-15.Jahrhundert.
Zunächst begleitet von seiner Frau Diana, nimmt Matar die Leser:innen mit auf eine Reise durch die verwinkelten Gassen der Stadt und zu wichtigen Sehenswürdigkeiten, erklärt auf anschauliche Weise die Bedeutung und Szenen von beeindruckenden Fresken im Palazzo Pubblico, aber auch von ausgewählten Gemälden in anderen italienischen Museen/Galerien. Auch erinnert er sich zurück an gesehene Werke in New York und London.
Seine eigenen Erfahrungen und Reflexionen setzt Matar dabei eindrucksvoll und klug mit dem Gesehenen und Erlebten in Siena in Beziehung, gewährt Einblicke in die lange und traditionsreiche Geschichte der Stadt und in das Alltagsleben der Menschen. Er berichtet von bleibenden Begegnungen, reflektiert sein Leben als Schriftsteller und erinnert sich auch immer wieder an Libyen.
Für Liebhaber:innen von Sprache im Allgemeinen, der schönen Stadt in der Toskana und der italienischen Kunstgeschichte ist diese besondere literarische Art eines „Reisetagebuchs“ mit ethnographischen Elementen der teilnehmenden Beobachtung eine unbedingte Leseempfehlung. Der Text wird um mehrere Illustrationen ergänzt, die der Autor während seines Aufenthalts aufgenommen hat.