Göttingen, Mitte der 80er Jahre. Der Zivi Tom verliebt sich in den charismatischen Felix. Die Beiden sind Teil der autonomen Szene und planen gemeinsam mit ihren Freunden Demos und andere politische Aktionen. Sie träumen von der Weltrevolution und genießen ihre Freizeit auf Partys und Festivals.
Schließlich wird aus den beiden jungen Männern ein Paar, dabei gelingt es ihnen scheinbar mühelos ihre Zweisamkeit mit dem Kollektiv zu verbinden. Als Felix eine erschütternde Diagnose erhält, steht Tom vor einer schwierigen Entscheidung, für Felix da zu sein oder seinem Traum, Schauspieler zu werden, folgen…
Holger Brüns erzählt uns auf 183 Seiten über die erste große Liebe eines jungen Mannes. Es geht um Aufopferung, sich zurückzunehmen bis kurz vor der Selbstaufgabe, um Narzissmus und Betrug. Aber es geht auch um ein Miteinander, um Freundschaft und Freiheit. Das alles ist außerordentlich authentisch erzählt, vor der Kulisse der 80er Jahre, während des Aufbruchs der Jugend in der BRD.
Brüns erzählt seine Geschichte zwar mit viel Feingefühl, bleibt aber sprachlich stets nüchtern und auf dem Punkt. Diese Tatsache hat mich am Anfang etwas enttäuscht, da ich mir eine etwas dramatischere Handlung vorgestellt hatte. Nach der Lektüre muss ich allerdings sagen, dass es gar nicht anders hätte sein dürfen. Denn der präzise Stil verbindet sich mit der Handlung zu einem wundervollen ganzen und rundet alles ab.
Holger Brüns
Lebenslauf
Quelle: Verlag / vlb
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Felix
Vierzehn Tage
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Es ist Mitte der achtziger Jahre. Tom wohnt in einer WG in Göttingen und absolviert seinen Zivildienst im Krankenhaus. Er engagiert sich politisch, genießt das Klima in seinem Freundeskreis, das geprägt ist von Diskursen über gesellschaftlich relevante Themen, wie den Ausstieg aus Atomenerige oder Wohnraumdebatten. Im Krankenhaus trifft er Felix, der zwei Jahre älter ist und ebenfalls in der autonomen Szene aktiv. Tom ist vom ersten Augenblick an fasziniert von ihm, denn Felix verkörpert für ihn viel von dem, was auch sein eigenes Lebensgefühl ausmacht. Er lebt in einer politisch sehr aktiven WG, ist fest in die Szene eingebunden.
Felix ist mit Katja zusammen, aber das steht der Entwicklung seiner Beziehung zu Tom nicht im Weg. Tom verliebt sich in Felix, in ihm kommt der Wunsch auf, ihn für sich zu haben, aber gleichzeitig sperrt er sich gegen dieses Besitzdenken, das seinen sonstigen Überzeugungen nicht entspricht. Und es funktioniert: Tom und Felix finden einen Weg zusammen zu sein, ohne sich gegenseitig einzuengen, auch wenn Tom dabei immer wieder mit Verletzungen zu kämpfen hat und in seinem Freundeskreis das Gefühl aufkommt, Felix nutze ihn aus.
Dann kommt Felix der Verdacht, er könne sich mit HIV infiziert haben und als sich dieser Verdacht nach dem Test bestätigt, ändert sich die Situation des Paares. Sie ziehen zusammen und Tom wird immer mehr von Felix vereinnahmt. Sei Leben kreist um die Zweisamkeit und Felix‘ Bedürfnisse, während seine eigenen Interessen in den Hintergrund treten. Felix verlangt nicht direkt Aufopferung von ihm, aber natürlich hängt das Damoklesschwert der Krankheit immer über ihnen und Tom weiß nicht, wie viel Zeit er noch mit dem Menschen hat, den er liebt.
Er zieht sich aus der Szene zurück, sieht seine Freunde immer seltener und gibt seinen großen Traum, Schauspieler zu werden beinahe auf. Doch nach und nach kommt ihm ein Verdacht, der sein gesamtes Leben ins Wanken bringen könnte.
Sehr detailliert beschreibt Volker Brüns das politische Leben in Göttingen in den achtziger Jahren und lässt diese Zeit vorm Auge der Leser*innen auferstehen. Ich habe die Geschichte von Felix und Tom mit großem Interesse gelesen, fand es äußerst spannend, wie Felix‘ kaum wahrnehmbare Manipulationen Tom immer mehr in die Ecke drängen. Die Sprache ist besonders am Anfang eher nüchtern beschreibend und ich hätte mir manchmal einen etwas tieferen Einblick in Toms Gefühlswelt gewünscht. Insgesamt aber ein äußerst lesenswerter Roman, dessen Themen gerade wieder aktuell sind. Schon der zweite Roman aus dem Albino Verlag, der es mir total angetan hat. Ich werde das Programm auf jeden Fall im Auge behalten.
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