Rezension zu Tante Lisbeth von Honoré de Balzac
Rezension zu "Tante Lisbeth" von Honoré de Balzac
von Ein LovelyBooks-Nutzer
Rezension
✗
Ein LovelyBooks-Nutzervor 13 Jahren
Balzac erzählt einige Jahre der Geschichte einer Familie in Paris Mitte des 19. Jahrhunderts und beschreibt damit die gesellschaftlichen und politischen Verhältnisse des gehobenen Bürgertums und ehemaligen Adels sowie die sich immer weiter durchsetzenden kapitalistischen Strukturen und Einstellungen. Triebkraft der Gesellschaft sind zunehmend die Finanzen und Begierden, insbesondere die sexuellen. Dabei geht es Balzac auch um den Verlust von ehemaligen Werten. Einerseits behält der Roman dadurch seine Aktualität, andererseits merkt man an vielen Stellen Balzacs konservativen Bezüge. "Tante Lisbeth" erzählt mit einer klaren, präzisen Sprache mit gelegentlichen wunderschönen Vergleichen und Bildern oder Abschweifungen in gesellschaftsphilosophische Überlegungen. Leider hat der Roman auf seinen rund 600 Seiten gewisse Längen und inhaltlich fehlt mir eine Art roter Faden, der die Handlung zusammenhält und antreibt. Zwar verfolgt Tante Lisbeth ihre Rache bezogen auf den Rest der Familie, trotzdem wirken die Geschehnisse eher Zufällig. Dadurch plätschert der Roman ein wenig vor sich hin. Im Gegensatz zu Tolstoi, Dickens oder Dostojewski, die ebenfalls detailliert ihre jeweilige Gesellschaft in ihren Werken spiegeln, dies jedoch zumeist mit einem unerhörten Ereignis koppeln, fehlt mir in "Tante Lisbeth" das außergewöhnliche Geschehnis.