Cover des Buches Schwarze Magnolie (ISBN: 9783453604339)
Rezension zu Schwarze Magnolie von Hyeonseo Lee

Der Untertitel ist hier Programm!

von Ein LovelyBooks-Nutzer vor 7 Jahren

Kurzmeinung: Ein mehr als beeindruckender Erfahrungsbericht. Was diese Frau erlebt hat, hätte für zehn Leben gereicht!

Rezension

Ein LovelyBooks-Nutzervor 7 Jahren
Auf diese Geschichte war ich sehr neugierig, zumal Nordkorea ja ständig negativ besetzt durch die Medien geistert. Ich wollte für mich persönlich herausfinden wollte, wie es sein kann, dass die Bevölkerung es heutzutage zulässt, dass in dieser Art und Weise reagiert und von der Umwelt abgeschnitten werden.

Ich habe das Buch gestern Abend beendet und muss sagen, dass ich noch immer schwer von den Dingen erschüttert bin, die die Autorin in diesem Buch schildert. Aber von Anfang an.

Weit ab von den großen Städten, in der nordkoreanisch-chinesischen Grenzstadt Hyesan wächst Hyeonseo Lee in Nordkorea als Kind einer relativ komfortabel lebenden Familie auf, da sie in einen hohen "songbun" hineingeboren wurde, was eine Art Bewertungssystem ist, wobei Loyalität gegenüber dem Regime das höchste aller Gefühle ist. Und da der Vater für die Armee arbeitet und die Mutter zu diesem Zeitpunkt noch eine glühende Kommunistin ist, steht die Familie sehr gut da. Noch.

Durch dieses Buch habe ich verstanden, wieso sich niemand in Nordkorea gegen das Regime, den Geheimdienst und die dort herrschende Korruption auflehnt. Die kleinen Kinder lernen schon von ihren Eltern und später auch in der Schule, dass der Führer des Regimes über allem steht. Die Menschen müssen Gemälde vom Führer des Regimes an einer bestimmten Stelle hängen haben und regelmäßig kontrollieren Soldaten, ob die Gemälde gut gepflegt werden. Und wehe, da ist ein Staubkörnchen drauf, dann wird schon mal eine ganze Wohnung zerstört und die Familie kann von vorne anfangen. Außerdem stehen sie ab sofort unter strenger Beobachtung. Das ist nicht der Familie passiert, aber Bekannten, die Mutter erzählt in der Geschichte davon.

Den Kindern wird von klein auf so dermaßen der Kopf gewaschen, und der ganze Westen schlecht gemacht. Es wird behauptet alles schlechte in Nordkorea haben vor allem die USA und China zu verantworten, aber auch Südkorea wird schlecht gemacht, damit ja keiner abhaut und was ausplaudern kann. Die Schüler werden in der Schule gezwungen, Freunde und Nachbarn auszuspionieren, wenn sie das nicht tun, werden sie bestraft, im Prinzip kann man niemandem trauen außer seiner Familie, und im Härtefall noch nicht mal denen.

Wer sich dem Regime in irgendeiner Art und Weise widersetzt, wird hingerichtet. Vor den Augen der Familie, der Freunde und den Nachbarn, damit sie ja sehen, wer die Hosen anhat. So werden schon kleine Kinder traumatisiert und wagen es sich gar nicht erst, aufzumucken. Für mich ist Nordkorea nach dieser Lektüre ein riesiges Horror-Gefängnis und ich kann gar keine Worte dafür finden, wie sehr mir die Bevölkerung leid tut, denn sie wissen es nicht besser.

Und das sind nur wenige Beispiele aus dem nordkoreanischen Alltag, die alle ziemlich zu Anfang geschildert werden, es sind also keine Spoiler.

Auf ihrem Horrorweg nach Südkorea durchlebt die Autorin derart schreckliche Dinge, die mich oft dazu bewegt haben, das Buch beiseite zu legen, weil meine Vorstellungskraft für viele Erlebnisse einfach nicht ausgereicht hat. Zwar habe ich mit schlimmen Dingen gerechnet, aber nicht in diesem Ausmaß und in der Häufigkeit. Menschenrechte, wie wir sie kennen zählen in Nordkorea einfach mal nicht, sie sind dem Regime völlig schnuppe.

Die Autorin beweist auf ihrem Weg dermaßen viel Mut, Ideenreichtum und Einsatzbereitschaft, dass ich oft nur noch staunen konnte und gedacht habe, dass mir das niemals eingefallen wäre. Ich habe mich oft gefragt, wie Hyeonseo Lee es schafft, nicht verrückt zu werden und durchzudrehen. Ich hatte den Eindruck, dass ihr in dieser Hinsicht geholfen hat, dass es außerhalb des eigenen Hauses nicht erwünscht ist, Gefühle zu zeigen. Meistens noch nicht einmal in der eigenen Familie.

Der Schreibstil ist großartig, aber auch sehr heftig, weil er sehr detailliert und bildhaft ist. Das ist natürlich auf der einen Seite großartig, weil man durch die Sicht der Autorin vieles versteht und sofort verinnerlicht. Mir fällt da gerade ein Beispiel ein: Die Autorin schildert, wie sie als Kind bei einer Hinrichtung zusehen muss, und sie das Blut der Erschossenen als roten Sprühnebel wahrnimmt, der um die Köpfe zieht. Heftig, oder? Es wird nichts beschönigt, ganz im Gegenteil, die Texte sind heftig und nichts für schwache Nerven!

Trotzdem habe ich das Buch gerne gelesen, weil es mir geholfen hat, viele Dinge nachvollziehen zu können. Ich gebe daher von Herzen 5 Sterne.

Geeignet ist dieses Buch für Leser, die sich für die Nordkorea-Thematik interessieren und vor schlimmen Details nicht zurück schrecken.
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