Ida Hegazi Hoyer

 4,3 Sterne bei 4 Bewertungen
Autor*in von Trost.

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Cover des Buches Trost (ISBN: 9783701717071)

Trost

 (4)
Erschienen am 27.08.2019

Neue Rezensionen zu Ida Hegazi Hoyer

Cover des Buches Trost (ISBN: 9783701717071)

Rezension zu "Trost" von Ida Hegazi Hoyer

Die Einsamkeit der Metropole
Ein LovelyBooks-Nutzervor 4 Jahren

Eine anonyme Protagonistin – scheinbar selbstbewusst und unabhängig – reist nach Lissabon, Berlin und Brüssel. Pro Stadt geht sie eine "Beziehung" ein, wagt es aber (leider) nicht, sich wirklich einzulassen. Die Frau ohne Namen bleibt mir zwar fremd, dafür reflektiert sie auf kluge Weise ihre Unzugänglichkeiten.

Sinnlich und bedrückend. Ida Hegazi Høyer schreibt freiweg über Intimität und der Angst vor Nähe.

Cover des Buches Trost (ISBN: 9783701717071)
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Rezension zu "Trost" von Ida Hegazi Hoyer

Gefahr oder Trost
Booklove91vor 4 Jahren

Meine Meinung und Inhalt

"Sie sind aus Sprache. Das ist auch etwas, was sie gemeinsam haben. Sie sind aus Blut. Sie sind aus Haut. Solange Wörter etwas bedeuten, werden sie alles Mögliche mit Sinn verstehen können; auch einander." (ZITAT)

In dem Buch geht es um eine Person, deren Namen man während der ganzen Zeit nicht erfährt, was aber prinzipiell keine Rolle spielt.

Man könnte am Ende des Buches sogar annehmen, dass es sich deshalb um drei Frauen handeln könnte, was es aber nicht tut.

Die Protagonistin reist alleine nach nach Lissabon, Berlin und Brüssel und in jeder dieser Städte beginnt sie eine Beziehung: einmal mit einem Mann, einmal mit einer Frau und zuletzt mit einem viel jüngeren Mann, wobei das Wort Beziehung vielleicht das falsche Wort ist. Als Leser hat man das Gefühl sie ist wirklich auf der Suche nach Trost, ohne wirklich zu wissen, wer oder was ihr diesen Trost geben kann.

Wir begleiten die Frau auf ihren Reisen und lernen ihre drei Begegnungen näher kennen. Immer wieder lässt sie sich auf Nähe ein, Intimität entsteht, ohne zu wissen, was dieses Verhältnis aktuell bedeutet. Immer wieder wird dem Fremden die Türe geöffnet, um nicht in der Kälte und Einsamkeit der Großstädte zu ersticken. Die Rastlosigkeit ist sehr spürbar und teilweise bedrückend, aber nachvollziehbar.

"Das letzte Mal, dass sie die Hand eines anderen gehalten hat, hat es sich jedenfalls so angefühlt. Das letzte Mal, dass sie sich halten ließ,
tat es weh, loslassen zu müssen. Vielleicht zu weh. Und das ist nicht dasselbe. Es soll nicht wehtun. Es soll eher lindern." (ZITAT)

Der Schreibstil der Autorin hat mir von Beginn an sehr gefallen. Man versinkt in ihren Geschichten und ist am Ende immer wieder überrascht, auch wenn man eigene Vermutungen anstellt, wie sich die Geschichten entwickeln könnte.

Das Cover finde ich sehr passend gewählt und gefällt mir ebenfalls.

Absolute Leseempfehlung!

"Und es gibt zwei Arten von Menschen - diejenigen, die das meinen, was sie sagen, was sie in einem bestimmten Augenblick sagen, und die
die meinen, was sie sagen. Manchmal treffen sich diese beiden, in ein und demselben Augenblick, in ein und demselben Satz. Ehrlichkeit kann nicht mehr Gesichter haben als das." (ZITAT)




Cover des Buches Trost (ISBN: 9783701717071)
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Rezension zu "Trost" von Ida Hegazi Hoyer

Flickwerk der Kausalitäten
Thomas_Lawallvor 4 Jahren

Selbstständig ist sie und lebt ein absolut eigenständiges Leben. So jedenfalls sieht es aus, ist es aber nicht. Ihre Selbstsicherheit trägt sie wie eine teure, schier unbezahlbare Bluse. Sie weiß, was sie will, vor allem, was sie nicht will. Da verwundert es nicht, wenn eine vielversprechende Verabredung unvermittelt platzt, als ihr Begleiter die Unverfrorenheit besitzt, sie bei der Hand zu nehmen.

Das ist etwas, was gar nicht geht. Bisher läuft alles nach Plan. "Absichtlich und bewusst. Sie folgen bereits festgelegten Bewegungen ...". Bis hierhin und nicht weiter. Auf gar keinen Fall will sie das Gefühl haben, "geführt zu werden". Und schon geht das Karussell der Interpretationen (wieder) los. "Bedeutet, die Hand eines anderen zu halten, nicht eine Art Deklaration?"

Momente einfach genießen geht nicht. Jede Geste, jeder Gedanke und jede nur erdenkliche Möglichkeit muss umgehend hinterfragt werden und sich einer Sofortanalyse stellen. Der Abend ist gelaufen: "Alles wurde zunichte gemacht, als er ihre Hand nahm." Welch ein Glück, dass sie nur einen Liebhaber, aber "in keiner Weise nach einem Partner sucht".

Die nur schemenhaft beschriebene Hauptdarstellerin platzt alsbald in die nächste Beziehung. Wobei "Beziehung" hier kaum der richtige Ausdruck ist. Auch jener Zustand wird wieder ordentlich hinterfragt, bezweifelt und ad absurdum geführt. Sex gibt es auch. Zum Abgewöhnen. Ähnlich wie beim männlichen Vorgänger. Da ist selbst die kunstvollste Verbalisierung von geringem Nutzen.

Soll man die Verteidigung der eigenen Festungsanlagen beibehalten oder sich treiben lassen? Oder gar bei der, immer wieder gerne zitierten, Unverbindlichkeit bleiben? Schwer zu sagen, wenn man es selbst nicht weiß, in "irreversiblen Zweifeln" gefangen ist, sich mit der "statistischen Unwahrscheinlichkeit" von Bekanntschaften beschäftigt oder "Einsicht in das segmentierte Flickwerk der Kausalitäten" gewährt.

Was also ist zu tun, wenn sich die Hauptdarstellerin letztlich für keinen Menschen wirklich interessiert? Vielleicht in die nächste Beziehung stürzen? Mit einem viel jüngeren Mann vielleicht? Dies kann, dank ebenso hohen, wie diffusen Ansprüchen, kaum gelingen ...

Wie dem auch sei: Von "Trost" keine Spur. Ida Hegazi Høyer beherrscht die höhere Mathematik der Worte. Verstehen kann und muss man das nicht unbedingt, zu groß ist die Verwirrung der Gefühle und ohne die geringste Aussicht auf die Lösung der selbstauferlegten und sich immer wieder neu formierenden Gleichungen.

Klug geschrieben, aber unerwartet leicht zu lesen, und dennoch eine Literatur, die sich inhaltlich einer Nachvollziehbarkeit vehement entgegenstemmt. Eine Art kopflastiger Schwertransport. Menschen, die mit anderen Menschen nicht können, ja einander nicht einmal richtig zuhören können.

So oder ähnlich sollen sich Beziehungen in "der Kälte und Einsamkeit der Großstädte" gestalten? Wohl eher nicht. Zum Glück ist jener "zeitgenössische Reigen" nur ein modernes Märchen ...

Immerhin: "Nichts ist wirklich, aber alles ist am Leben."

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