Cover des Buches Die letzte Reise der Meerjungfrau (ISBN: 9783431040821)
LisaSonnenscheins avatar
Rezension zu Die letzte Reise der Meerjungfrau von Imogen Hermes Gowar

Ganz anders als gedacht - jedoch ein wunderbar poetisches Buch!

von LisaSonnenschein vor 6 Jahren

Rezension

LisaSonnenscheins avatar
LisaSonnenscheinvor 6 Jahren
Irgendwie gerät der Kaufmann Jonah Hancock in den Besitz einer waschechten Meerjungfrau. Die zunächst lästige Errungenschaft erweist sich bald als etwas ganz Besonderes - und der einst einfache Kaufmann findet sich in gesellschaftlichen Kreisen wieder, in die er bisher nie Einblick hatte.

Worum es in diesem Buch nicht geht:
- Um mystische Meerjungfrauen und Unterwasserwelten
- Um eine kitschige Liebesgeschichte, die sich irgendwie um eine Meerjungfrau rankt

Vielmehr zeichnet die Autorin in diesem Buch ein wunderbar schillerndes Bild vom London des 18. Jahrhunderts. Die Meerjungfrau und der damit verbundene gesellschaftliche Aufstieg Jonah Hancocks sind eine Metapher für das Streben nach Glück, Wohlstand und Anerkennung, aber auch damit verbundene Hindernisse und eine dunkle Begierde, die sich erst ganz am Ende wirklich manifestiert.
Neben dem des Kaufmanns gibt es noch einen parallel gezeichneten Handlungsstrang - die Geschichte der Edelkurtisane Angelica Neal. Sie spürt das Ende ihrer Karriere nahen und rutscht plötzlich und unvermittelt vom Thron der gefeierten und begehrenswerten Begleiterin ab in Geldnöte und die Verachtung der einfachen Bevölkerung.

Der Verlauf der Geschichte ist weniger wie der eines Abenteuerromans, sondern eher der eines gesellschaftlich-historischen Dramas. Eingefleischte Fantasyfans, die sich eine locker-leichte Erzählung über Meerjungfrauen gewünscht haben, werden hier nicht auf ihre Kosten kommen.

Und jetzt mal Butter bei die Fische: Ich fand das großartig!
Ich wurde in jede Empfindung, jedes Nase-Rümpfen der Londoner Gesellschaft, die Verzweiflung über fehlendes Geld, die Verschwendungs- und die Vergnügungssucht bedingungslos hineingezogen und bin verliebt in den sprachlichen Stil dieser Autorin. Besonders beeindruckend fand ich, wie sich die Charaktere stetig und drastisch verändern und man als Leser trotzdem nicht das Gefühl hat, es gäbe einen nicht-nachvollziehbaren Bruch (Lieblings-Negativbeispiel: Der "Jemand-ist-gestorben-also-kann-ich-jetzt-mein-gesamtes-irrationales-Verhalten-damit-begründen"-Charakter).
Schade sind allerdings das sehr verspielte Cover und der Klappentext, der wohl andere Ansprüche wecken wird. Hier wird sich der Verlag sowohl einige enttäuschte Leserstimmen einfangen, als auch potenziell begeisterte Leser gar nicht erst ansprechen.

Mein Fazit: Ganz großes Kopfkino durch eine Debütautorin, die mich mit ihrem Buch wirklich überrascht hat - gleich in doppelter Hinsicht.
Angehängte Bücher und Autor*innen einblenden (2)

Was ist LovelyBooks?

Über Bücher redet man gerne, empfiehlt sie seinen Freund*innen und Bekannten oder kritisiert sie, wenn sie einem nicht gefallen haben. LovelyBooks ist der Ort im Internet, an dem all das möglich ist - die Heimat für Buchliebhaber*innen und Lesebegeisterte. Schön, dass du hier bist!

Mehr Infos

Hol dir mehr von LovelyBooks