Imre Kertész

 4,2 Sterne bei 345 Bewertungen
Autor von Roman eines Schicksallosen, Liquidation und weiteren Büchern.
Autorenbild von Imre Kertész (© Csaba Segesvári)

Lebenslauf

Imre Kertész, am 9. November 1929 in Budapest geboren, wurde 1944 nach Auschwitz deportiert und 1945 in Buchenwald befreit. Nach Kriegsende arbeitete er zunächst als Journalist, seit 1953 dann als freier Schriftsteller und Übersetzer in Budapest. Mit seinem «Roman eines Schicksallosen», 1975 in Ungarn veröffentlicht, gelangte er nach der europäischen Wende zu weltweitem Ruhm. 2002 erhielt er den Nobelpreis für Literatur.

Alle Bücher von Imre Kertész

Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783499253690)

Roman eines Schicksallosen

 (234)
Erschienen am 02.11.2009
Cover des Buches Liquidation (ISBN: 9783499241567)

Liquidation

 (19)
Erschienen am 01.11.2005
Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783942656351)

Roman eines Schicksallosen

 (9)
Erschienen am 01.10.2011
Cover des Buches Detektivgeschichte (ISBN: 9783644013315)

Detektivgeschichte

 (11)
Erschienen am 01.09.2011
Cover des Buches Dossier K. (ISBN: 9783644013513)

Dossier K.

 (10)
Erschienen am 01.09.2011
Cover des Buches Ich - ein anderer (ISBN: 9783499225734)

Ich - ein anderer

 (9)
Erschienen am 01.10.1999
Cover des Buches Kaddisch für ein nicht geborenes Kind (ISBN: 9783644109711)

Kaddisch für ein nicht geborenes Kind

 (8)
Erschienen am 18.01.2013

Neue Rezensionen zu Imre Kertész

Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783499253690)
Jorokas avatar

Rezension zu "Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész

Reise ins Unbekannte
Jorokavor 5 Monaten

Der Ich-Erzähler wird als 14jähriger nach Auschwitz deportiert. Er gibt sich 2 Jahre älter aus, um nicht sofort ins Gas zu müssen. Doch bleibt er nicht lange dort, sondern wird nach Buchenwald weitergereicht und landet schließlich im Außenlager Zeitz. Die Bedingungen sind auch dort so, dass ein Ableben billigend in Kauf genommen wird....



Ich habe so manchen Roman über die Konzentrationslager gelesen. Viele erschütternde und kaum auszuhaltende Tatsachenberichte. Dieses Buch ist anders. Dass man die Schecken des Holocaust auch anders darzustellen vermag, dürfte spätestens seit dem Film "Das Leben ist schön" (1997) bekannt sein.


Der Roman schildert die Ereignisse aus Sicht eines jungen Menschen, zunächst recht naiv und unwissend und das Schreckliche - zwar registrierend, aber irgendwie nicht wahrhaben wollend. Er möchte ein folgsamer Gefangener sein und Revolte liegt außerhalb seiner Phantasie. Doch auch er wird von der Realität eingeholt. Er bleibt in der Beobachterhaltung, als ob er selbst einem Schauspiel beiwohnen würde. Sein Überleben ist letztendlich eine Fügung glücklicher Umstände



Wir als Aufgeklärte, lesen mit untergründigem Schrecken und wundern uns. 


Fazit: Dieses Werk kann sehr kontrovers diskutiert werden. Für mich persönlich war es ein Gewinn. 

Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783844507362)
Miz_Doblers avatar

Rezension zu "Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész

Achtung, schwere Kost!
Miz_Doblervor einem Jahr

Imre Kertész "Roman eines Schicksallosen" polarisiert. Zuerst von Verlagen abgelehnt, mit der Begründung, dass Kertész mit dem "Thema Ausschwitz" zu spät dran sei, dann jahrelang von der Öffentlichkeit nicht beachtet. Seit 1985 dann doch in 40 Sprachen übersetzt und 2005 verfilmt, der Literaturnobelpreis für Kertész folgte 2002. 


Was den "Roman eines Schicksallosen" so außergewöhnlich macht, was teils sogar als anstößig empfunden wirde, ist nicht der Inhalt, sondern die Art und Weise, wie naiv, wie kindlich der jugendliche Ich-Erzähler Unvorstellbares beschreibt. Er findet sich fast selbstverständlich in das Lagerleben in Buchenwald ein, ja will seine "Arbeit" dort gut machen. Diese Abgespaltenheit von den Schrecken, die der junge Erzähler durchlebt, dieses Nüchterne sich seinem Istzustand Beugende hebt den Roman von anderer sogenannter "Lagerliteratur" ab und lässt einen verzweifelt zurück. Doch gerade deshalb, kann ich dieses Buch allen empfehlen. Literatur muss nichts, außer wirken. Und das tut der "Roman eines Schicksallosen" mit voller Vehemenz.

Cover des Buches Roman eines Schicksallosen (ISBN: 9783499253690)
Josseles avatar

Rezension zu "Roman eines Schicksallosen" von Imre Kertész

Beklemmende Lektüre, die in Schulen gelesen werden sollte
Josselevor 2 Jahren

Der Roman des Nobelpreisträgers von 2002 erschien erstmals 1975 unter dem Originaltitel „Sorstalanság“, was mit Leid, Schmerz, Trauer übersetzt werden kann.  Er ist Teil einer Tetralogie der „Schicksallosigkeit“. Erzählt wird die Geschichte eines jüdischen Jungen, der in Budapest aufgewachsen ist und in den 1940-er Jahren in die Konzentrationslager Auschwitz und Buchenwald gesteckt wird. Kertész ist als 14-jähriger nach Auschwitz und Buchenwald, Außenstelle Wille in Zeitz deportiert worden. Insofern kann man davon ausgehen, dass der Text autobiografisch motiviert und geprägt ist, zumal der Text aus der Sicht eines 14-jährigen, naiven und gutgläubigen Ich-Erzählers geschrieben ist.


Das geradezu Unglaubliche an diesem Text ist, dass es der Autor fertigbringt, nicht aus einer empörten und moralisch anklagenden, sondern aus einer anpassungswilligen, gutgläubigen Perspektive zu erzählen, die jede Schikane, jedes Verbrechen noch ordentlich zu begründen versucht, nach einer logischen Erklärung dafür sucht. Es ist ein Roman über die grenzenlose Anpassungsfähigkeit des Menschen. Ich möchte diesmal zur Beschreibung weitestgehend die Worte des Autors benutzen. Sie sprechen für sich.


„Von diesen war dann in der Ziegelei die Rede, nämlich dass sie mehr Einsehen hätten als die Gendarmen und auch ganz gern zu Menschlichkeit neigten, und zwar nach vorheriger Vereinbarung, sei es in Form von Geld oder sonst irgendeiner Wertsache.“ (Rowohlt Tb Großdruck, Januar 2004, S. 98)


Den Zweck des Lagers in Auschwitz verdrängt der Jugendliche erfolgreich: „Die Langeweile, zusammen mit diesem merkwürdigen Warten: das, ungefähr dieser Eindruck, glaube ich, ja, mag in Wirklichkeit Auschwitz bedeuten – zumindest in meinen Augen.“ (ebd., S. 191)


Erst allmählich setzt sich die Erkenntnis durch, dass die Situation, die Lage, in der sich die Insassen befinden, etwas anstellt mit ihnen: „Ich hätte zum Beispiel nie gedacht, dass aus mir so schnell ein verschrumpelter Greis werden könnte. Zu Hause braucht das Zeit, mindestens fünfzig bis sechzig Jahre: hier hatten schon drei Monate genügt, bis mich mein eigener Körper im Stich ließ.“ (ebd., S. 261)


Doch selbst im allerschlimmsten Leiden, wenn die Vernunft den Tod als Erlösung herbeidenkt, bleibt ein bisschen Lebenswille dem Menschen immanent: „Und alles Abwägen, alle Vernunft, alle Einsicht, alles Verstandesnüchternheit half da nichts – in mir war die verstohlene, sich ihrer Unsinnigkeit gewissermaßen selbst schämende und doch immer hartnäckiger werdende Stimme einer leisen Sehnsucht nicht zu überhören: ein bisschen möchte ich noch leben in diesem schönen Konzentrationslager.“ (ebd., S. 300)


Im Krankenlager der Versuch, den Realitäten zu entfliehen: „Auf dem Rückweg sah ich flüchtig, wie aus der grauen Baracke jenseits unserer Drahthecke gerade so etwas wie ein größerer, gummibereifter Anhänger, wohl der eines Lastwagens, von ein paar Sträflingen herausgezogen, herausgeschleppt wurde, und in der vollen Ladung erblickte ich gelbe Gliedmaßen, die erfroren herausragten, verdorrte Körperteile: ich zog die Decke enger zusammen, um mich ja nicht irgendwie zu erkälten, und bemühte mich, so schnell wie möglich in mein warmes Zimmer zurückzuhumpeln, mir anstandshalber noch ein wenig die Füße zu putzen und dann schleunigst unter der Decke zu verschwinden, mich in mein Bett zu kuscheln.“ (ebd., S. 356)


Als ein Bett für einen Neuankömmling im Lazarett gebraucht wird und an seiner Stelle ein anderer das Lazarett verlassen muss: „Aber ja nun, schließlich hatte sich alles nach den Regeln der Gerechtigkeit abgespielt – zumindest war das meine Meinung -, denn ich war ja vor dem Jungen dagewesen, und dann war er auch besser bei Kräften, und so bestand kein Zweifel, dass er da draußen mehr Chancen hatte; und außerdem fiel es mir offensichtlich leichter, mich in das Unglück eines anderen zu schicken als in das eigene: diesen Schluss zu ziehen, diese Lehre anzunehmen blieb mir, wie immer ich es sehen, abwägen, umkreisen mochte, nicht erspart.“ (ebd., S. 367)


Wieder in Budapest, auf dem Weg zur Wohnung seiner Mutter, zieht Kertész eine Art Fazit: „Es wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch so werden, wie sie es wünscht; es gibt keine Absurdität, die man nicht ganz natürlich leben würde, und auf meinem Weg, das weiß ich schon jetzt, lauert wie eine unvermeidliche Falle das Glück auf mich. Denn sogar dort, bei den Schornsteinen, gab es in der Pause zwischen den Qualen etwas, das dem Glück ähnlich war.“ (ebd., S. 413) 


In meinen Augen ist das ohne Zweifel neben Rohinton Mistrys „ Das Gleichgewicht der Welt“ und Wassili Grossmans „Leben und Schicksal“ eines der beeindruckendsten Bücher, die ich jemals gelesen habe. Für die drei, also inklusive des hier rezensierten, würde ich gerne 6 Sterne vergeben. Daher: fette fünf Sterne.

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Zusätzliche Informationen

Imre Kertész wurde am 08. November 1929 in Budapest (Ungarn) geboren.

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