Ina Seidel (1885 – 1974) wurde zunächst 1932 nach Ricarda Huch an die Preußische Akademie der Künste berufen; ihre politische Gesinnung am Ende der Weimarer Republik war jedoch als rechtsgerichtet einzuordnen (Quelle: Wikipedia). In Wikipedia liest man weiter, dass sich Ina Seidel nach der Machtübernahme durch die Nationalsozialisten schnell mit der neuen Ideologie identifizierte, es folgte eine Reihe von Publikationen, die gezielt mit der nationalsozialistischen Idee konform gingen. Ihre Hauptwerke erschienen auch vorwiegend in dieser Zeit, sie genoss höchstes Ansehen im Dritten Reich (vgl. Wikipedia). Nach dem Krieg publizierte sie weiter, wurde in der DDR jedoch bald auf die Liste der auszusondernden Literatur gesetzt. Literarische Ehrung erfuhr sie jedoch auch nach dem Krieg: 1952 wurde sie ein weiteres Mal in die Preußische Akademie der Wissenschaften aufgenommen (Quelle: http://www.fembio.org/biographie.php/frau/biographie/ina-seidel/, 18.02.2011), trotz ihrer politisch-ideologischen Vergangenheit. Auf dieser Internetseite kann man ebenfalls ein wohl tragendes literarisches Motiv ihres Werkes finden: das der Mutterschaft.
„Das unverwesliche Erbe“ arbeitet genau mit diesem Motiv: der Mutterschaft. Anknüpfend an die vorangegangenen Romane „Das Wunschkind“ und „Lennacker“ beschäftigt sich Ina Seidel im vorliegenden Buch mit der Urgroßmutter, der Großmutter und der Mutter dieses Lennacker. Es werden Biographien dieser Frauen dargestellt, die sich zwischen den Jahren 1813 bis 1914 bewegen. Dreh- und Angelpunkt der gesamten Erzählung ist die von der Großmutter eingegangene evangelisch-katholischen Mischehe, die für die Protagonisten zu einem Problem wurde.
Sprachlich konnte mich Ina Seidel überhaupt nicht überzeugen. Sie erschien mir blechern, ohne Harmonie oder Stil. Das verwendete Vokabular verweist definitiv in eine andere Zeit. Das Motiv der Mutterschaft und seine Umsetzung erfolgen traditionalistisch und konservativ. Ihre Verbundenheit mit der nationalsozialistischen Ideologie leuchtet ein, wenn man ihren Themenkanon näher betrachtet, gerade im vorliegenden Buch die Rolle der „Mutterschaft“ kritisch hinterfragt. Ina Seidel wird man wohl in ihrer Zeit (1930er Jahre) lesen und interpretieren müssen, denn in die heutige Literatur passt sie allenfalls als Beispiel vergangener Motive und Autoren, für ein besseres Verständnis einer zurückliegenden Zeit und deren Literatur. Warum aufgrund ihrer biographischen und schriftstellerischen Vergangenheit im Dritten Reich die Evangelische Verlagsanstalt das vorliegende Buch 1958 (immerhin in der 3. Auflage) publizierte, verwundert mich noch mehr. Vielleicht reduzierte man sich einzig auf die Motive der Religiosität und Mutterschaft in diesem Roman; den Rest ignorierte man.
Rezension zu "Das Unverwesliche Erbe." von Ina Seidel