Dass ich lese, seit ich denken kann, verdanke ich meinen Eltern. Selber während des Krieges aufgewachsen, war ihnen der Zugang zu Bildung im ersten Schritt verwehrt, im zweiten Schritt haben sie jede nur denkbare Aus-Bildung absolviert - Meisterabschlüsse, Fachabitur, Lehrgänge. Von klein auf war ich von lernenden Eltern und Büchern umgeben, wurde ununterbrochen mit Lesestoff versorgt, war fleißige Kundin der Stadtbibliothek. Eine intensive Erinnerung habe ich an ein Weihnachten, an dem ich Herr der Ringe geschenkt bekam. Bis Neujahr habe ich durchgelesen, war ganz weit weg in Mittelerde. Später, in der Oberstufe, wiederholte mein Deutschlehrer geradezu mantraartig: Inga, tun Sie mir einen Gefallen - studieren Sie Germanistik. Natürlich tat ich ihm den Gefallen nicht, machte erst eine Ausbildung in der Landwirtschaft, bevor ich in Bonn das Studium der Literaturwissenschaft aufnahm. Ich hab alles daran geliebt, die gigantische Bibliothek, die Vorlesungen und Bonn, die kleine Stadt am Rhein. Früh bot mir ein Professor einen Job als studentische Hilfskraft an. Ich sagte begeistert zu, nur um festzustellen, dass er mit den Mitarbeitern Deutsch sprach, ich es aber nicht verstand. Ich lernte, leitete die Institutsbibliothek, machte einen Magister. Der Hiwi-Job endete, und eine gute Freundin vermittelte mich ein Abgeordnetenbüro. Der Deutsche Bundestag war meine Lebenschule, harte Arbeit, vielfältige Themen, über die ich als Ghostwriterin schrieb. Von da an war Schreiben mein Beruf, ich promovierte, wechselte in eine PR-Agentur, machte mich mit Agenturen selbständig. Privat bekam ich einen Sohn und lernte nach dem Tod eines geliebten Menschen meinen heutigen Mann kennen. Ihm gehört die Schatzbergalm. Ich nahm dieses Leben an, die Alm, bin heute hier die Wirtin. Mein Mann erzählte mir die Geschichte von einer Pistole, die er in einem Dach fand, meine Phantasie sprang in den Galopp, ich setzte mich wieder an den Schreibtisch und schrieb meinen ersten Roman "Tod am Ammersee".