Rezension zu "Beerensommer: Familiensaga aus dem Schwarzwald by Barth-Grözinger, Inge (2008) Taschenbuch" von Inge Barth-Grözinger
Bereits nach wenigen Seiten ist man als Leser mitten drin im Geschehen um die drei Hauptfamilien. Erzählt wird die Geschichte aus Sicht der jüngsten Nachfahrin Anna (geboren 1981). Diese nähert sich ihrer eigenen Familienchronik anhand von mündlichen Erzählungen der noch lebenden Zeitzeugin Gretl und mittels den Tagebüchern ihres Urgrossvaters. Zu Hilfe kommt dem Leser im Sammelsurium der vielen Namen und Daten der auf den ersten Seiten abgedruckte Stammbaum. Zwar nimmt dieser viele Ereignisse optisch schon vorweg, die Spannung bleibt aber trotzdem während des ganzen Romans erhalten.
Die Autorin erzählt auf sehr einfühlsame Weise die Lebensgeschichte zweier Freunde, die aus den unterschiedlichsten sozialen Verhältnissen stammen. Es geht um Freundschaft, Verrat, Rache, Liebe und Eifersucht aber auch um Vaterlandstreue, Kritik an den politischen Machtverhältnissen, Kriegsängste und vieles mehr. Es entstehen Lebens-Situationen und -entwürfe, die nie einfach nur gut oder nur schlecht sind, sondern - und das hat mir besonders gefallen - unterschiedliche Ansichten (auch politische) können immer von der einen oder anderen Seite differenziert betrachtet werden und vermitteln so das Verständnis für andersartige Verhaltensweisen. Sehr schön ist auch die Allegorie zur Novelle "Aus dem Leben eines Taugenichts" von Joseph von Eichendorff.
Der Roman umspannt die ganze Zeit des 20. Jahrhunderts, mit den beiden Weltkriegen bishin in die Gegenwart (um das Jahr 2000). Interessant als Ergänzung zum Roman ist auch die Zeitleiste am Ende des Buches, die in wenigen Sätzen die politischen Ereignisse der verschiedenen Jahre zusammenfasst.
Sowohl als Gesellschaft- wie auch Familien- oder Geschichtsroman bereitet die Erzählung manch interessante und packende Lesestunde.