Wole Soyinka, Nigerianer und Literaturpreisträger, 87 Jahre alt, hat uns 50 Jahre warten lassen – auf diesen Roman. Seine nigerianische Heimat spielt die geographische Hauptrolle, er thematisiert globale Probleme wie Korruption und moralische Dekadenz; Das Ergebnis eine bitterböse Politsatire und Krimi in einem. Laut einer fragwürdigen Internetumfrage soll Nigeria das Land mit den glücklichsten Menschen der Welt gewesen sein.
Es ist Vorwahlkampf um das Amt des Präsidenten. Worin besteht nun das vermeintliche Glück der Bevölkerung? Dass sie in der Müllhalde nach Verwertbaren suchen, oder ist es eher das Glück der politischen Upperclass, die auf diese hinunterschauen. Oder sind es die zelebrierten opulenten Festivitäten und immer wieder neuen skurrilen Preisverleihungen?
Die Abgesandten einer „Fleischfabrik“, die einen Handel mit Körperteilen betreiben, sprechen bei Chirurg Dr. Kighare Menka, der gerade einen Preis gewonnen hat vor und wünschen sich seine „Mitarbeit“. Sein guter Freund Duyole Pitan-Payne, ein viel geachteter Ingenieur ist für eine Stelle bei der UN in New York nominiert worden. Die Regierung ist froh, dass sie einen Kritiker los sind, andere wollen seinen Wechsel in die USA verhindern. Noch wissen wir nicht, wer diese anderen sind.
Die dritte zentrale Person ist ein amoralischer Pseudoguru, ein machthungriger religiöser Führer, Papa Davina oder auch Bischof Teribogo. Erst sehr spät wird uns seine wahre Identität offenbart.
Zwei der Hauptakteure werden durch perfide Attacken schwer getroffen. Der eine verliert, nachdem man ihn nach Salzburg zu einer Operation überführt hat sein Leben, dem anderen wird sein Haus abgefackelt. Wohin mit der Leiche. Es entsteht eine absonderlich skurrile Situation: Sein Freund möchte ihn in Nigeria begraben, DIE FAMILIE in Salzburg. Ein makabres Kräftemessen, das der Leser nur mit Kopfschütteln zur Kenntnis nimmt.
Ein epochales literarisches Meisterwerk auf 614 Seiten „säuberlich“ in zwei Teile und insgesamt in 23 Kapitel gegliedert, mit angeschlossenem Glossar. Eine zum ungläubigen Staunen geleitete Darstellung der politischen, gesellschaftlichen und „verzwickten“ privaten Verhältnisse in Nigeria.
Anekdotisch legt Soyinka ein desillusioniertes Bild der nigerianischen Gesellschaft offen, mit beißender Ironie, für einen ungläubigen Leser beschreibt er Szenen, die an Direktheit nicht zu überbieten sind. Die zuweilen überlangen Sätze zwingen zum konzentrierten Lesen, doch ist der Genuss, dank der grandiosen Übersetzung überwältigend.
Wole Soyninka, geboren 1934 in Abeokuta/Nigeria, gehört zu den bedeutendsten Schriftstellern Afrikas. Wegen seiner oppositionellen Haltung zum Militärregime drei Jahre in Haft. Bis 1988 lebte er meistens im Ausland. 1986 erhielt er den Nobelpreis für Literatur. Soyinka behandelt in Gedichten, mythenträchtigen Dramen und satirischen Komödien Konfliktsituationen der neuen nigerianischen Gesellschaft. Zu seinen wichtigsten Werken gehören "Zeit der Gesetzlosigkeit", "Die Plage der tollwütigen Hunde", "Ake. Jahre der Kindheit" und "Ibadan. Streunerjahre 1946-1965".