Ingeborg Gleichauf

 4,3 Sterne bei 36 Bewertungen

Lebenslauf

Ingeborg Gleichauf ist promovierte Philosophin und Schriftstellerin. Sie veröffentlichte erfolgreiche Biographien über u.a. Hannah Arendt, Simone de Beauvoir, Max Frisch oder Gudrun Ensslin.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Ingeborg Gleichauf

Cover des Buches Ingeborg Bachmann und Max Frisch (ISBN: 9783492306294)

Ingeborg Bachmann und Max Frisch

(5)
Erschienen am 19.01.2015
Cover des Buches Sein wie keine andere (ISBN: 9783423626767)

Sein wie keine andere

(4)
Erschienen am 20.04.2018
Cover des Buches Wem die Fragen nicht brennen (ISBN: 9783949302244)

Wem die Fragen nicht brennen

(3)
Erschienen am 20.03.2024
Cover des Buches Jetzt nicht die Wut verlieren (ISBN: 9783423625388)

Jetzt nicht die Wut verlieren

(3)
Erschienen am 01.03.2013
Cover des Buches Denken aus Leidenschaft (ISBN: 9783423404143)

Denken aus Leidenschaft

(2)
Erschienen am 01.04.2010
Cover des Buches Hannah Arendt (ISBN: 9783423310291)

Hannah Arendt

(2)
Erschienen am 01.03.2000
Cover des Buches Wir wollen verstehen (ISBN: 9783423640800)

Wir wollen verstehen

(2)
Erschienen am 19.02.2021

Neue Rezensionen zu Ingeborg Gleichauf

Cover des Buches Wem die Fragen nicht brennen (ISBN: 9783949302244)
L

Rezension zu "Wem die Fragen nicht brennen" von Ingeborg Gleichauf

Lust_auf_literatur
Wem die Fragen nicht brennen

Als jüngerer Mensch war ich sehr von der Geschichte der RAF und dem Deutschen Herbst fasziniert. Mein Wissen darüber speiste sich damals hauptsächlich aus der Lektüre des Bestsellers von Spiegel Chefredakteurs Stefan Aust. Und hauptsächlich interessierte ich mich für die Menschen hinter der Terrorgruppe, allen voran Ulrike Meinhof. Sie, eine Frau, die eine Karriere hatte und gleichzeitig auch Mutter war, die Intellektuelle, die bürgerlich Gebildete, die von einem derart kompromisslosen Wunsch zu gesellschaftlichen Veränderung angetrieben war, dass es sie zum Bruch mit jeder Ethik und Moral bewegte, stand im Fokus meines Interesses.

Ensslin hingegen nahm ich kaum war, sie war in meiner Wahrnehmung nicht präsent, sie war die Freundin von. Auch in der Fachliteratur über die Gruppe wurde Ensslin oft als Pastorentochter und aus sexistischen Gründen nachlässig und verkürzt abgehandelt, wie Ingeborg Gleichauf in ihrer Biografie darlegt.


„Sich mit Gudrun Ensslin auseinanderzusetzen, heißt auch, sich mit Ensslin-Deutungen auseinanderzusetzen.“


Schon mit dem Roman „Erzählung zur Sache“ von Stephanie Bart, erschien letztes Jahr bei Secession Verlag eine überfällige literarische Auseinandersetzung mit der Person Gudrun Ensslins, dessen Lektüre ich allerdings nach der Hälfte auf unbestimmte Zeit vertagt hatte.

Für mich viel besser geeignet und lesbarer war tatsächlich Gleichaufs Biografie, die ich gefesselt und in einem Rutsch verschlungen habe.


Gleichauf beschreibt Ensslins Leben chronologisch anhand vorhandener Quellen, die gerade für ihre Kinderzeit und frühe Jugend nur sehr spärlich vorhanden sind.

Alle Menschen, die mit der jungen Ensslin zu tun hatten und nicht durch die nachfolgenden Ereignisse beeinflusst sind, erinnern sich an ein intelligentes, beliebtes und lebensfrohes Mädchen und später an eine integre junge Frau, die schulisch sehr diszipliniert und fokussiert arbeiten konnte.


Es ist eine Besonderheit in Gleichaufs Biografie, dass sie Gudrun Ensslins Leben vor allem in Bezug auf deren Verhältniss zur Literatur beschreibt. Ensslins war ihr Leben lang sehr literarisch interessiert, das Lesen und das Schreiben einer der Wichtigsten Konstanten in ihrem Leben.


Gleichauf geht auf das literarische Schreibtalent Ensslins ein, die sich während des Studiums sogar an Lyrik wagt. Leider sind diese Gedichte heute nirgendwo auffindbar. Gleichauf beschreibt auch, wie sich später Ensslins Denken und Schreiben in Haft und in der Vereinnahmung durch das Kollektiv teilweise auflösen wird. 


Für mich war „Wem die Fragen nicht brennen“ eine sehr gelungene und absolut lesenswerte Biografie, die mein (nicht vorhandenes und falsches) Bild von Ensslin zurechtrückt und ergänzt. 

Die brennenden Fragen nach dem Warum allerdings, sie brennen weiter.



“Gudrun Ensslin hätte Schriftstellerin werden können, Wissenschaftlerin, Musikerin, Journalistin, Lehrerin. Möglichkeitsspielräume waren da. Es ist anders gekommen. Und niemand kann genau sagen, warum. Das bleibt irritierend, beunruhigend.”

Cover des Buches Wem die Fragen nicht brennen (ISBN: 9783949302244)
V

Rezension zu "Wem die Fragen nicht brennen" von Ingeborg Gleichauf

Vielhaber_Juergen
Gemischte Gefühle

Schon 2017, dem letzten Jubiläum - 40 Jahre Deutscher Herbst- hatte Gleichauf das Buch über Ensslin unter Poesie und Gewalt bei Klett Cotta  vorgelegt....

Bis dato gab es lediglich Bücher  über ihre Beziehungen zu Bernward Vesper und Andreas Baader. Nun versucht Gleichauf mit dem gängigen Bild der Gudrun Ensslin aufzuräumen, das in viele Köpfe der Babyboomer Generation durch populäre Werke wie den Baader Meinhof Komplex gepflanzt worden ist...

Sie geht das Wagnis ein, Ensslin aus dem Background von Sex and Crime herauszulösen. So wird dem Leser deutlich, wie tief sich solche Klischees ähnlich den Fahndungsfotos auf den damaligen Plakaten eingeprägt haben.

Leider bleibt sie bei den letzten 5 Jahren, der Haftzeit Ensslins sehr vage...Bereits in Standardtexten hat Martin Jander 2008 festgestellt.

"Im Gefängnis wurde Gudrun Ensslin, die einstige Cheflogistikerin, zur treibenden Kraft für die Reorganisation der RAF- Strukturen..."

Gleichauf wirft die durchaus berechtigte Frage auf in wie weit Ensslin und andere durch die Hungerstreiks bzw. Zwangsernährungen neben physischen Beschwerden auch psychisch angegriffen war. ( Seite 266)....
Leider unterschlägt die Autorin die Verlegung von Brigitte Mohnhaupt nach Meinhofs Selbstmord und auch die gemeinsamen Umschlüsse, die mit dazu beitrugen, das Mohnhaupt mit einer Art Befehlsgewalt ausgestattet nach ihrer Haftentlassung zur Anführerin der 2. Generation um Stefan Wisniewski und Rolf Heißler geworden ist. Mohnhaupt war gemeinsam mit Ingrid Schubert nach Stammheim verlegt worden, nachdem Ensslin andere Verlegunsvorschläge heftig verweigert hatte. Irmgard Möller kam  Anfang Januar 1977  dazu, während Brigitte Mohnhaupt im Januar zwecks Entlassungsvorbereitungen ins badische Bühl verlegt wurde.

Auch Spannungen um Baaders Gunst, die zwischen ihr und Ingrid Schubert entstanden lässt Gleichauf unbeachtet, während Sabine Bergstermann diese in ihrem sehr lesenswerten Standardwerk Stammheim erwähnte , ein biographisch interessanter Vorgang...

Das empfand ich als störend, gerade weil ich die sehr leise Herangehensweise  von Gleichauf sehr gelungen fand....Danke an den Aviva Verlag....

Cover des Buches Wem die Fragen nicht brennen (ISBN: 9783949302244)
aus-erlesens avatar

Rezension zu "Wem die Fragen nicht brennen" von Ingeborg Gleichauf

aus-erlesen
Feurige Biographie

Ist Gudrun Ensslin fast fünfzig Jahre nach ihrem Tod überhaupt noch greifbar? Fest steht, dass sie nach dem fast schon siamesisch verklärten Zwillings-Führungsduo Baader/Meinhof eher ein Schattendasein fristen muss in der Nachbetrachtung der Zeit des RAF-Terrors. Sie gab es nie als DIE Gudrun Ensslin, sie war immer die PFARRERSTOCHTER Gudrun Ensslin.

Ingeborg Gleichauf macht sich auf Spurensuche nach der attributfreien Person Gudrun Ensslin. Ja, sie war nun mal die Tochter eines Pfarrers. Eines Pfarrers, der in den Krieg zog, sich gegen die Nazis stemmte, der sich künstlerisch betätigte, um sich abzulenken. Die Kindheit war geprägt von Freiheit. Aber nicht diese momentan überstrapazierte, allem gegenüber gleichgültige Freiheit, sondern entscheidungsfreie Selbstentwicklung. Natürlich ermahnten die Eltern ihre Kinder zur Sorgsamkeit. Aber, was die daraus machten, wenn sie in der Natur herumtollten, entzog sich ihrer direkten Kontrolle.

Gudrun Ensslin fiel schon früh durch ihre Sprachgewandtheit und ihre Konzentrationsfähigkeit und den unaufgezwungenen Leistungswillen auf. Diktatorisch wurde sie nicht wahrgenommen. Wie es zum Bruch mit dieser Kindheit kam, die „ihr doch alle Türen öffnen könnte“, kann man nicht (und schon gar nicht mehr heute) nachvollziehen. Das alles liegt im Land der Spekulationen. Und in dieses will die Autorin nicht einreisen. Auch deswegen sind ihre die Kritik und das Unverständnis über so manche subjektive Expertise über die im Schatten agierende Gudrun Ensslin gedanklich abzunehmen.

Man stelle sich vor, dass neben Irmgard Möller auch Gudrun Ensslin den Selbstmord – bleiben wir mal bei der These – überlebt hätte. Sie wäre heute eine Frau in den 80ern. Öffentliche Ämter hätte sie nie wahrnehmen können. Ihrer Stimme Aufmerksamkeit zu verleihen, wäre um einige schwieriger gewesen als es beispielsweise für Hinterbänkler des Parlaments ist krude Ideen zu postulieren. Ihre Texte wurden in   Theaterstücken und Opern verwendet, was auch kaum jemand weiß. Wäre Gudrun Ensslin heute eingeladen, um in Geschichtsstücken in einem Greenroom als Expertin ihr Wissen mit der Fernsehnation zu teilen? Hätte sie überhaupt dabei mitgemacht?

Es ist schwierig der Pfarrerstochter Gudrun Ensslin den Schleier herunterzureißen. Warum sollte man auch. Ein gewisses Geheimnis schadet keiner Legende. Was dieses Buch so einzigartig und vor allem so lesenswert macht, ist die Tatsache, dass die Autorin überhaupt keinen Zweifel aufkommen lässt, dass es zahlreiche Gründe gibt sich Gudrun Ensslin nähern zu müssen. Sie ist vielleicht das Korrektiv in der Geschichtsschreibung über eine Gruppe, die den Mut hatte Veränderungen herbeizuführen. Sich dabei aber gehörig in der Wahl der Mittel vertan hat.

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