In der Autobiografie „Die Notaufnahmeschwester“ erzählt Ingeborg Wollschläger aus einer langjährigen Berufserfahrung als Krankenschwester in der Notaufnahme. Sie berichtet von Patienten, die alles andere als ein Notfall sind und von Kolleginnen und Kollegen, mit denen sie zusammenarbeiten muss. Als Leser*in wird man mitgenommen hinter die Kulissen der Notaufnahme und erlebt anhand der Beschreibungen und Erzählungen „hautnah“, wie der Alltag im Emergency Room wirklich abläuft.
Ich arbeite selbst im klinisch-medizinischen Bereich und habe auch schon mehrere Notaufnahmen von innen gesehen. Von diesem Buch habe ich mir humorvolle Anekdoten aus dem Klinikalltag erhofft, wie der Buchrücken so schön verspricht. Leider wurde ich enttäuscht.
Eine Sache vorweg: Ich weiß nicht, ob es nur mir so geht oder ob ich vielleicht einen Fehldruck erhalten habe. Aber irgendwie ist die Schrift merkwürdig gedruckt. Die Buchstaben stehen so eng aneinander, dass ich das Gefühl habe, hier hat jemand schlicht die Leerzeichen weggelassen. An einigen Stellen (vor allem weiter hinten in der Geschichte) wird das etwas besser, aber die ersten hundert, hundertfünfzig Seiten lesen sich allein aus diesem Grund schon ziemlich anstrengend. So etwas habe ich noch nie zuvor gesehen.
Ingeborg Wollschläger mag eine kompetente Krankenpflegerin sein – leider wirkt sie in dem Buch alles andere als sympathisch. Auf mich wirkt die ganze Geschichte eher wie eine Abrechnung mit Kollegen, Ärzten und Patienten. Die Autorin schreibt verbittert und leicht überheblich von dem bunten Treiben in der Notaufnahme, beschreibt Fälle, in denen sich die Patienten danebenbenehmen und ihre Notaufnahme vollstopfen, obwohl diese gar keine echten Notfälle sind. Sie typisiert die Menschen in Schlagworte und beschreibt stereotypische Verhaltensweisen dieser Patientengruppen, wobei man sich als Leser*in fragt, ob das jetzt wirklich so wahr ist, was sie schreibt, oder ob sie hier viel verdichtet und übertrieben darstellt. Zudem teilt sie ihre Arbeitskolleginnen und -kollegen in Schlagworte ein und beschreibt auch diese. In ihrem Buch rechnet sie vor allem mit den Ärzten ab, mit denen sie anscheinend in ihrem Berufsleben nicht gut klargekommen ist.
Für mich haben die Geschichten nicht viel mit Humor zu tun. Der Schreibstil ist wenig literarisch und klingt mehr nach einem Protokoll an einzelnen Geschehnissen. Die Geschichten klingen überheblich, fast schon arrogant. Wollschläger beklagt sich viel über Patienten, Kollegen, Ärzte, Praktikanten und stellt sich selbst als allwissende Krankenschwester dar, die ihr geballtes Wissen nicht mit den Praktikanten teilt, wenn diese sich zu blöd anstellen. In den wenigen Anekdoten, in denen sie sich nicht beklagt, geht es meist um Heldentaten ihrerseits, wie zum Beispiel in der Geschichte mit dem obdachlosen Mann, den sie eine Nacht in der Notaufnahme hat übernachten lassen.
Leider wurde ich mit dem Schreibstil der Autorin überhaupt nicht warm. Schade, das Buch hätte großes Potenzial gehabt. So aber bleibt nur hängen, dass „Die Notaufnahmeschwester“ detailreich und wenig sympathisch vom Klinikalltag erzählt.