Cover des Buches Wie Ihr wollt (ISBN: 9783827012135)
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Rezension zu Wie Ihr wollt von Inger-Maria Mahlke

Wirre Zeiten, wirre Geschichte

von sursulapitschi vor 9 Jahren

Rezension

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sursulapitschivor 9 Jahren
„..., Geduld, Geduld, Geduld. Ich habe keine. Sechs Jahre, über zweitausend Tage, und jeder hat ein wenig gefressen, und jetzt ist nichts mehr übrig. Wenn Geduld belohnt würde. Wird sie aber nicht, sie macht es allen nur einfacher.“

1571, Mary Grey hat Hausarrest. Schon seit Jahren. Ihr Mann wurde hingerichtet, ihr Erbe verteilt. Jetzt wartet sie nur noch auf ein Zeichen von IHR, der nicht ganz so lieben Cousine Elisabeth, das ihre Gefangenschaft beenden könnte, aber es kommt nicht.
Mary hat nichts zu tun, außer ihre Dienerin zu schikanieren, die Farben der Menschen vor ihrem Fenster zu zählen und ihre Lebensgeschichte niederzuschreiben. Das tut sie in diesem Buch, voller Wut, Verzweiflung und Enttäuschung. Sie ist ein kleines Rädchen im Karussell um die Thronfolge, eigentlich unwichtig, fühlt sich aber vorsichtshalber ruhig gestellt.

Verbittert, sarkastisch und schonungslos berichtet sie über ihre Jugend, ihre Familie das Gerangel um den Königsthron, den die nicht ganz so liebe und die schottische Cousine beanspruchen und den Aufstieg und Fall ihrer Schwester Jane, die sie niemals berühren wollte. Mary ist kleinwüchsig, ein Umstand, der sie als „normale“ Bürgerin an den untersten Rand der Gesellschaft gedrängt hätte. Solche Menschen hat man als Kuriositäten ausgestellt. Ihre Herkunft zwingt ihre Umgebung, sie als Mensch zu akzeptieren, was vielen schwer fällt und was sie mit Häme kommentiert und gnadenlos ausspielt.

Eigentlich liest sich dieser Bericht sehr amüsant. Mary nimmt kein Blatt vor den Mund. Der Erzählstil macht prinzipiell Spaß. Nur hat sie auch die Angewohnheit, vieles nur stichwortartig wiederzugeben, Gedankenfetzen jagen einander, springen munter durch ihr ganzes Leben. Da sind Grafen, Herzöge, Cousins und Cousinen, jüngere und ältere Seymoures, Onkels und auch die Stiefgroßmama, die sich alle in den letzten 20 Jahren bewegter englischer Geschichte getummelt haben. Hier wird die Sache dann schwierig, wenn z.B. „der König“ kein sich selbst erklärender Begriff ist. In diesem Zeitraum gibt es mehrere zur Auswahl und man ist sich nie ganz sicher, von welcher Zeit sie gerade spricht.
Sie gibt reichlich Anekdoten aus dem Leben ihrer adligen Verwandtschaft zum Besten, die man nicht wirklich genießen kann, weil man zu sehr damit beschäftigt ist, zu entschlüsseln, wer denn nun gemeint ist und wie es zeitlich einzuordnen ist. Zwischendurch sind ihre Kommentare geradezu kryptisch. Das verdirbt einem früher oder später den Spaß an der Geschichte.

Durch dieses Buch musste ich mich beißen. Sehr schade. Das Thema ist großartig, der Ansatz wundervoll, nur kann ich mich letzten Endes nicht für ein Buch begeistern, bei dem ich die halbe Zeit raten muss, worum es gerade geht.


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