Ingke Brodersen

 4 Sterne bei 26 Bewertungen
Autor*in von Lebewohl, Martha, Judentum und weiteren Büchern.

Lebenslauf

Ingke Brodersen, Historikerin, war lange Jahre Lektorin und Herausgeberin politischer Bücher im Rowohlt Verlag, später Leiterin des Verlags Rowohlt Berlin. Gemeinsam mit Rüdiger Dammann schrieb sie die Texte für den Ausstellungskatalog des Jüdischen Museums Berlin, „Zwei Jahrtausende deutsch-jüdische Geschichte“ (2001); 2006 erschien ihr gemeinsames Buch „Zerrissene Herzen. Die Geschichte der Juden in Deutschland“.

Quelle: Verlag / vlb

Alle Bücher von Ingke Brodersen

Cover des Buches Judentum (ISBN: 9783104008974)

Judentum

 (4)
Erschienen am 19.07.2012
Cover des Buches Lebewohl, Martha (ISBN: 9783985680740)

Lebewohl, Martha

 (4)
Erschienen am 15.04.2023
Cover des Buches Eine Erdbeere für Hitler (ISBN: 9783596167654)

Eine Erdbeere für Hitler

 (2)
Erschienen am 01.11.2006
Cover des Buches Mahlzeit (ISBN: 9783832195038)

Mahlzeit

 (1)
Erschienen am 19.02.2009
Cover des Buches Das neue Europa (ISBN: 9783473551385)

Das neue Europa

 (0)
Erschienen am 01.02.2007
Cover des Buches Werden Sie wesentlich! (ISBN: 9783492252751)

Werden Sie wesentlich!

 (0)
Erschienen am 19.09.2008
Cover des Buches Zerrissene Herzen (ISBN: 9783596162369)

Zerrissene Herzen

 (0)
Erschienen am 01.10.2008

Neue Rezensionen zu Ingke Brodersen

Cover des Buches Lebewohl, Martha (ISBN: 9783985680740)
Andrea-Karminrots avatar

Rezension zu "Lebewohl, Martha" von Ingke Brodersen

Gegen das Vergessen
Andrea-Karminrotvor einem Jahr

Lebewohl, Martha. Ein Buch, dass ich gerne zu den Büchern gegen das Vergessen zählen möchte. Die Autorin Ingke Brodersen zog Anfang der 1990 Jahre in eine große Altbauwohnung im Bayerischen Viertel in Berlin Schöneberg. Als sie so in ihrer Wohnung saß und den Blick zur Decke schweifen ließ, sah sie ein fehlendes Stück im Deckenstuck. Wie ist dieses Loch wohl in die Decke gekommen? Und was würden diese Wände erzählen, wenn sie es könnten ...

Lebewohl, Martha

Martha Cohen, die Pianistin, ist eine der 24 verschwundenen Menschen, die einst in dem Haus im Bayerischen Viertel gelebt haben. Sie wurde am 1. September 1942 abgeholt. Die 82-Jährige musste alles in den Räumen der herrschaftlichen Wohnung zurück lassen und durfte nur einen kleinen Koffer mitnehmen. Sie wurde mit einem "Alterstransport" nach Theresienstadt geschickt. Martha war wohl kaum in der Lage, den Transport zu überstehen. Körperlich und seelisch war sie auf jeden Fall schon ziemlich hinfällig. Depressionen nach dem Tod ihres Mannes, führten dazu, dass Martha immer wieder in einem Sanatorium Erholung und Genesung suchen musste.

Und Martha Cohen ist nur eine Person, von vielen, die in dem Haus in Berlin Schöneberg gewohnt hat. Die Nazis sorgten dafür, dass die jüdische Bevölkerung am besten unter einem Dach wohnte. Die Nazis veranlassten, dass die Menschen näher zusammenzurücken haben. Und so zogen sehr viele, sich fremde Menschen, in die Wohnungen in der Berchtesgadener Straße ein. Man musste sich arrangieren, die großen Zimmer miteinander teilen.

Ingke Brodersen wollte mehr über ihr neues Zuhause erfahren und fing an, in den Archiven der Stadt zu suchen. Sie fragte überall an, um mehr über die ehemaligen Bewohner des Hauses in der Berchtesgadener Straße 37 herauszufinden. Ein nicht einfaches Unterfangen, wie sie schnell bemerkte. Die Lücke im Stuck ließ sie aber nicht aufgeben. Sie wühlte sich durch Listen und fand so nach und nach Unglaubliches heraus und gab den Menschen, die damals in diesem Haus gelebt hatten, ein Gesicht und ihre Geschichten zurück.

Recherchen und ein Buch

Ich konnte das Buch nur in kurzen Abschnitten lesen. Mich erschüttert es immer wieder, mit welcher Genauigkeit und perfiden Gedanken, die Nazis damals Menschen entsorgt haben. Sie nahmen den Menschen ihre Würde, ihr komplettes Leben. Solche Bücher lassen mich immer wieder gruseln. Wie neidisch und grausam Menschen sein können und ihren Nachbarn dem Tode preisgeben. Wie kaltblütig sie die Menschen, in furchtbare Abgründe geschickt haben.
Ingke Brodersens hat hier ein Buch geschrieben, das erinnert. Sie hat die Spur aufgenommen und versucht so viel wie möglich über die ehemaligen Bewohner des Hauses in der Berchtesgadener Straße zu erfahren. Sie waren ganz normale Menschen. Die Autorin ist Historikerin und Herausgeberin einer politischen Buchreihe beim Rowohlt Verlag, da ist es irgendwie nicht verwunderlich, dass sie sich in die Geschichten der 24 Menschen aus ihrem Haus verbissen hat. Ich denke, sie hatte damit auch einen besonderen Zugang zu den Daten und Fakten, wusste, wo sie mit ihrer Suche beginnen konnte. Das Buch selber liest sich etwas abgehackt und doch findet man immer wieder den Anschluss. Das ganze könnte man auch zu einem perfekten Roman verbauen und vielleicht sogar zu einer Serie für das Fernsehen.

Eigentum und Wiedergutmachung

Wenn man Rund um den Bayerischen Platz in Schöneberg unterwegs ist, dann kann man an verschiedenen Laternen, Schilder entdecken. Auf diesen Schildern wird deutlich gemacht, welche Verordnungen die. Nationalsozialisten damals gegen das Eigentum, die Würde und Bildung der jüdischen Bevölkerung erlassen haben. Stück für Stück wurde ihnen alles genommen. Noch heute kämpfen Angehörige darum, ihr Eigentum zurückzubekommen oder wenigstens entschädigt zu werden.

Das Buch Lebewohl, Martha, hat mich emotional mitgenommen. Es ist nicht das erste Buch, welches ich zu diesem Thema gelesen habe. Rückkehr nach Birkenau hat mich, als ich es las, genauso getroffen. Auch wie es den Menschen damals auf der Flucht erging, dass sie keiner haben wollte, ihnen die Einreise in ihr Land verweigerten, das kann man in dem Roman Das Mädchen im Strom lesen. Ich hoffe sehr, dass wir nie wieder Menschen dermaßen verfolgen, misshandeln oder töten.
Der Lesefluss wird in dem Buch Lebewohl, Martha oft unterbrochen durch eigene Erfahrungen der Autorin. Und trotzdem geben wir diesem Buch gerne 🐭🐭🐭🐭

Cover des Buches Lebewohl, Martha (ISBN: 9783985680740)
Judithas avatar

Rezension zu "Lebewohl, Martha" von Ingke Brodersen

Detailreiches Werk zur Erinnerung
Judithavor einem Jahr

Ja, wir müssen uns erinnern, wir müssen wissen, was geschah und wir dürfen hinter Millionen Namenloser nie die einzelnen Menschen aus dem Auge verlieren. Die Autorin versucht das aus ihrer Kenntnis und Sicht heraus, das ist sehr bemerkenswert, denn sie war mit keinem dieser Menschen verwandt. Ich bin für meine Großtante Phillipine die gleichen Wege, Archive und Institutionen abgegangen, es war schon für eine Person sehr aufwändig. Was ich nicht verstehe und nicht akzeptiere ist die im Nachhinein veränderte Allgemeinbezeichnung „Juden“ in „Jüdinnen und Juden“. Die Juden sollten als Volk und aus antisemitischen Gründen ausgerottet werden, es waren alle gemeint, vom Säugling bis zum Greis, egal ob männlich, weiblich oder homosexuell. Das sollte eine studierte Historikerin wissen, aber sie beugt sich einer vermeintlich woken Macht.

Cover des Buches Lebewohl, Martha (ISBN: 9783985680740)
RenaMs avatar

Rezension zu "Lebewohl, Martha" von Ingke Brodersen

Ingke Brodersen - Lebewohl Martha
RenaMvor einem Jahr

Man stelle sich das einmal vor: Man lebt in einer großen und schönen Berliner Wohnung, Altbau, mit Stuckdecken. Und erfährt später, dass aus dieser Wohnung, wie auch aus denen auf den anderen Etagen, damals 1942 und später, Frauen und Männer deportiert wurden.

Genau so erging es der Autorin, Historikerin und Herausgeberin. Vor vielen Jahren zog Ingke Brodersen in die Wohnung im vierten Stock des Hauses Berchtesgadener Straße 37 in Berlin-Schöneberg. In die Wohnung, in welcher seinerzeit Martha Conen lebte, auf ihrem Flügel muszierte und von wo sie nach Theresienstadt deportiert wurde, 1942.

Ingke Bordersen begann irgendwann nachzuforschen, auch zu den anderen Bewohnern, die nach und nach in diesem Haus einquartiert wurden, als ihre eigenen Wohnungen „judenrein“ gemacht wurden. Sie suchte nach Informationen zum Besitzer des Hauses, zum Verbleib der Menschen, die entweder rechtzeitig flohen, untertauchten oder in den Vernichtungslagern starben.

In ihrem Buch schildert sie die Situation der Bewohner, erzählt ihre Geschichte, die Geschichte ihrer Familien. Die Recherche gestaltete sich nicht einfach, gab es doch wenig persönliche Aufzeichnungen. Sie forschte in Einwohnermeldeämter, im Arolsen-Archiv, sie befragte Nachkommen und durchforstete viele Listen. Denn die Nationalsozialisten hatten akribisch Buch geführt über ihr Tun.

Immer wieder verwebt Ingke Brodersen die Geschichten der Deportierten mit ihrer eigenen Lebensgeschichte, erzählt sie aus ihrer Kindheit oder von ihren Reisen. Dies hat mich immer ein wenig gestört, passte es meiner Meinung nach nicht zum Thema. Dass sie hingegen Vergleiche zieht zu heutigen Geflüchteten, die sie ehrenamtlich betreut, das macht Sinn und ist nachvollziehbar. Auch wenn dadurch die Gefahr besteht, die damaligen Verbrechen zu relativieren.

Einziges Manko ist die etwas erratische Erzählweise, die dazu führt, dass man immer wieder den Faden bzw. den Überblick verliert und sich auch zahlreiche Wiederholungen einschleichen. Hier hätte ich mir mehr Systematik gewünscht, ein Nacheinander-Erzählen der Einzelschicksale.

Abgesehen von den autobiographischen Teilen und den genannten Mängeln liest sich das Buch spannend wie ein Krimi. Die Recherchen müssen aufregend und hochspannend gewesen sein. Dass die Historikerin damit die Menschen, die in ihrem Haus damals ein Zuhause hatten, dem Vergessen entreißt, ist ein großes Verdienst.

Ingke Brodersen - Lebewohl Martha
Kanon Verlag. April 2023
 Gebundene Ausgabe, 288 Seiten,  26,00 €

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