Rezension zu "Der 2-Stunden-Chef" von Insa Klasing
Inhalt
Aufgrund eines Reitunfalls war Insa Klasing gezwungen, ihr Team unvorbereitet etliche Wochen ohne ihre Führung auskommen zu lassen. Da sie auch bis zu diesem Unfall ihr Team in angemessener Weise geführt hatte, ging das für die recht lange Dauer ihrer Abwesenheit überraschend gut.
Wieder zurück im Job, fand Frau Klasing ihr Team jedoch in gewandelter Form vor. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter agierten sehr viel selbstständiger, entschieden unabhängiger im Rahmen ihrer Kompetenzen und hatten sogar ein neues Projekt ohne ihre Leiterin auf- und erfolgreich umgesetzt. Frau Klasing konnte einfach in ihre alten Führungsmuster und -rollen zurückschlüpfen, die sie bisher gewohnt war. Zu "Hilfe" kam ihr, dass sie ihre Arme noch nicht wieder gebrauchen konnte und bei weitem noch nicht wieder so belastbar war wie vor dem Unfall. Aber die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter brauchten sie auch gar nicht mehr so oft und intensiv wie bisher. Aber sie brauchten sie nun in andere Weise. Sie wollten in ihrer Autonomie so unterstützt werden, dass sie zum Wohle der Firma tätig werden konnten.
So kam es, dass Frau Klasing mit 2 Stunden Chefin-Sein am Tag auskam. Und so kam es, dass sie sich Gedanken darüber machte, wie sie nun anders führte und wie sie das anderen Chefinnen und Chefs vermitteln kann.
Entstanden ist ein System aus 4 Rollen für Chefinnen und Chefs, die jeweils in 3 wesentliche Handlungsaufgaben eingeteilt sind. Im Hauptteil des Buches stellt Frau Klasing dieses System vor, erläutert die Inhalte der einzelnen Aufgaben und gibt Anleitung, wie man sie bewältigen kann. Angereichert werden die Erläuterungen durch Interviews mit Experten aus unterschiedlichen Bereichen - aus großen und kleinen Unternehmen, aus der Politik, aus der Forschung.
Immer wieder gibt es Fragenkataloge, die zur Reflexion der eigenen Haltung beitragen sollen und ein Zeichen dafür liefern können, ob man selbst wirklich (schon?) zu diesem Wandel bereit ist.
Am Ende des Buches finden sich Anmerkungen zu jedem Kapitel, die auch Leseempfehlungen beinhalten, sowie ein mehrseitiges Register.
Subjektive Eindrücke
Die Idee, durch einen entsprechenden Führungsstil die Autonomie der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu stärken, ist nicht ganz neu. Es wird aber immer dringender, einen solchen Führungsstil durchzusetzen, sodass sich immer mehr Chefinnen und Chefs entschließen, so zu führen, und es immer mehr Forschungsarbeiten und Bücher zu diesem Thema gibt. Dieses Buch stellt nur ein systematisches Handlungskonzept vor, dem man folgen kann. Es gibt aber auch Hinweise, wie die eigene Haltung aussehen muss als Grundvoraussetzung für einen erfolgreichen Wandel des Führungsstils. Die entsprechenden Darstellungen sind aus meiner Sicht gut gelungen und hilfreich.
Das ein solches Buch auch eine Hinleitung zum Thema braucht, ist völlig klar. Und sicherlich täte es vielen Arbeitenden gut, wenn sie an ihren Arbeitsplätzen autonomer agieren könnten. Und ja, mit Sicherheit würde es vielen deutschen Unternehmen ebenso gut tun. In diesem Sinne ist die Hinführung zum Thema, die etwa ein Drittel des Buches ausmacht, sehr scharf und deutlich formuliert, was grundsätzlich ja nicht verkehrt ist, wenn man ein Anliegen unbedingt verstanden wissen möchte. Ein wenig grenzte es für meinen Geschmack aber schon an Abrechnung in der Absolutheit, in der die Aussagen getroffen wurden. Frau Klasing deutet zwar darauf hin, dass dies eine Einladung zur Diskussion sei, aber eine Diskussion findet im Rahmen des Buches nicht statt. Hier hätte ich mir eine ausgewogenere Zusammenstellung der Argumente gewünscht.
Davon unberührt bleibt das Autonomie-Prinzip ein essentielles Prinzip für die Führung. Das in diesem Buch vorgestellte Modell ist gut verständlich und bietet Anleitung, selbst den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern Autonomie zu gewähren.
Fazit
Mehr Autonomie für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist in den Firmen angesagt. Hier kann man sehen, wie man den eigenen Führungsstil entsprechend umgestalten kann (und muss!), um auch in Zukunft ein attraktives Unternehmen für Arbeitende zu sein.
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