Rezension zu "Das REISEMOBIL-Kochbuch" von Ira König
Einfache Fragen haben gelegentlich eine unangenehme Wirkung: Sie heben den Vorhang und bringen Licht ins Dunkle. Die zwei einfachen Fragen, die ich mir bei diesem Kochbuch gestellt habe sind:
1. Kochen Menschen im Urlaub in ihrem Wohnmobil etwa anders als zu Hause? Und wenn ja, wie?
2. Warum stehen die in Kochbüchern vorgeschlagenen Gerichte eher selten auf den Speisekarten von Restaurants?
Auf die zweite Frage findet man leicht eine Antwort. Auf Speisekarten stehen nur Gerichte, die "gehen", sich also verkaufen. Schließlich muss ein Restaurant-Besitzer für die angebotenen Gerichte einkaufen. Die Ware ist leicht verderblich, muss sich also in angemessener Zeit auch verkaufen, sonst gibt es Verluste. Man kocht also, was die Leute essen wollen. Dazu gehören viele der in diesem Kochbuch angebotenen Speisen mit Sicherheit nicht. Hier wird der Geschmack von Ira König und Maike Jessen zum Besten geboten, nicht mehr und nicht weniger.
Es kocht hier die junge akademische Mittelschicht, aber nicht das gemeine Volk. Das gemeine Volk isst zum Frühstück nämlich eher selten süßen Maisbrei mit Bratbanane und Granberries. Und von grünem Hafer-Smoothies müssen wir in diesem Zusammenhang erst gar nicht reden. Damit kennt man auch schon die Antwort auf die erste Frage: Das essen die meisten Leute auch zu Hause nicht. Und da man im Urlaub in der Regel nicht weiß, wo es seltene Zutaten gibt, weil man die Gegend vielleicht gar nicht kennt, kocht man dann erst recht nicht neumodische Sachen. Oder denkt über die Rettung des Planeten nach.
Nackensteaks in fruchtiger Biermarinade ist dann schon eher etwas fürs gemeine Volk. Das rennt jedoch vermutlich aber in einen Supermarkt und holt sich bereits fertig marinierte Steaks zum Grillen. Auf die Idee, die Steaks mit Aprikosenkonfitüre zu bestreichen, werden dabei wohl nur die wenigsten kommen. Das allerdings steht in diesem Buch.
Um es kurz zu machen: Ich habe mir dieses Buch mit einiger Freude bestellt, weil ich einfache Gerichte mag und dabei nicht ewig kochen möchte. Was man hier jedoch vorfindet, trifft wohl kaum den normalen Geschmack. Vielleicht ist einiges davon sogar ganz lecker. Doch wenn ich meiner Verwandtschaft zum Mittag mit Avocadosalat mit Zuckerschoten und Mozzarella kommen würde, würden die mir einen Vogel zeigen und mich fragen, wo die nächste Kneipe ist.
Es ist nicht mein Ziel, dieses Buch abzuwerten, denn es wird mit Sicherheit auch Menschen geben, deren Geschmack hier getroffen wird. Doch man sollte wissen, dass dies in der Mehrheit nicht der Fall sein wird. Meine Bewertung sollte man daher als neutral betrachten.