Rezension
Meine erste Begegnung mit Rosemary und ihrem Baby ist schon Jahre her, aber so ganz vergas ich sie nie. Den Schauer, der über meinen Rücken lief, als langsam deutlich wurde, was es mit Rosemarys Baby auf sich hatte, welche Rolle Ehemann Guy dabei spielte und warum es für die junge Frau kein Entrinnen aus dem Albtraum gibt, zu dem ihre Schwangerschaft wird. Und so ganz konnte ich das Gefühl dieser ersten Begegnung auch nie wiedergewinnen. Denn ich wusste schließlich schon was hinter der nächsten Ecke lauert und die Schauer stellten sich daher nur widerwillig ein. Trotzdem erinnere ich mich noch gut daran, wie es Lesern ergeht, die diesen Roman ganz unbedarft zur Hand nehmen und daher kann ich nicht umhin ihn an dieser Stelle zu empfehlen.
Wer Ira Levin als Autor bereits kennt, der wird wissen, dass er sich nur zu gerne auf die Seite der gebeutelten Ehefrau stellt, aus ihrer Perspektive schreibt und so auf satirische Weise die Situation der (amerikanischen) Frau in den 60er/70er Jahren porträtiert. Entsprechend unsympathisch fallen auch die männlichen Charaktere aus, Guy Woodhouse ist da keine Ausnahme. Als selbstverliebter Ehemann ist er bereit das Leben seiner Rosemary aufs Spiel zu setzen, um seine gescheiterte Schauspielkarriere wiederzubeleben. Als Leser kriegt man insofern eine richtige Wut auf diesen Typen, der für die Erfüllung seines Traums nicht davor zurückschreckt über Leichen zu gehen. Hier hat Levin also ganze Arbeit geleistet. Rosemary ist im Angesicht solcher Skrupellosigkeit leider etwas weniger komplex ausgefallen, als es zum Beispiel mit Joanna Eberhart, der Hauptfigur aus Die Frauen von Stepford, geschehen ist. Doch das kreide ich Levin nicht weiter an, da diese schwarz-weiß Darstellung der Spannung im Buch durchaus zuträglich ist.
Am besten versteht man Levins Romane immer im Blick auf die Zeit, in der sie entstanden sind. Doch selbst der Leser, welcher Levin nur als Autoren von Schauergeschichten sieht, wird an diesem Roman seinen Spaß haben. Denn auch wenn die Ironie darin über die Jahrzehnte leicht in Vergessenheit geraten dürfte, ist die Handlung nach wie vor von einer Art, die einen nachts nicht schlafen lässt – ein Auge auf den arglosen Liebsten geheftet, damit der nur ja nicht zu den Nachbarn herüber schleicht und dort irgendwelche Seancen abhält. Nach bald fünfzig Jahren ist “Rosemarys Baby” also immer noch ein außergewöhnliches Gruselvergnügen für den literarisch interessierten Leser, (fast) ganz ohne Monster, Blut und Gedärme und trotzdem mit Gänsehautgarantie.
Ira Levin ist mit “Rosemarys Baby” ein Roman gelungen, der sich leichtfüßig zwischen Horror und Satire bewegt, und es dabei nicht verfehlt dem Leser Schauer über Schauer über den Rücken zu jagen. Großartig, gruselig und sozial-kritisch – das lob ich mir! Das empfehle ich Dir!