"Lichtungen" erzählt von einer stillen, aber tiefen Verbindung zwischen zwei Menschen, die sich über Jahrzehnte, politische Umbrüche und große Distanzen hinweg hält – oder auch verliert. Die Autorin Iris Wolff, geboren 1977, ist eine vielfach ausgezeichnete deutsche Schriftstellerin. Sie studierte Literatur, Malerei und Religionswissenschaft, arbeitete im Deutschen Literaturarchiv und veröffentlichte seit 2012 mehrere Romane. Mit Lichtungen stand sie 2024 auf der Shortlist für den Deutschen Buchpreis.
Worum geht’s genau?
Lev und Kato begegnen sich in ihrer Kindheit im kommunistischen Rumänien. Als Lev krank im Bett liegt, wird Kato – scharfsinnig, aber von anderen gemieden – zu ihm geschickt, um ihm die Hausaufgaben zu bringen. Zwischen den beiden entsteht eine stille Freundschaft, die Lev Halt gibt – auch über die Jahre hinweg. Kato verlässt das Land, Lev bleibt – und lebt weiter in Erinnerungen und alten Pfaden. Er erhält Postkarten aus ganz Europa von Kato. Als schließlich eine aus Zürich kommt mit nur einem Satz: „Wann kommst du?“, beginnt für Lev eine innere Reise in die Vergangenheit.
Der Roman erzählt die Geschichte rückwärts: von der Gegenwart bis zurück in die Kindheit – in kunstvollen, für meinen Geschmack zu langen Kapiteln, die sich Stück für Stück einem Lebensmosaik nähern.
Meine Meinung
Nachdem dieses Buch zum Zeitpunkt seines Erscheinens im Januar 2024 in meiner Buchbubble regelrecht gefeiert wurde, habe ich es mir damals als Rezensionsexemplar besorgt. Und doch blieb es lange auf meinem SuB liegen – ich hatte - basierend auf dem Klappentext -einfach nie den Impuls, wirklich hineinzulesen. Leider hat sich dieses Zögern auch beim Lesen bestätigt: Das Buch hat mich nicht berührt, nicht mitgerissen – und das, obwohl es thematisch und sprachlich vielversprechend klang.
Die Beziehung zwischen Lev und Kato ist fein gezeichnet, ihre Verbindung von zarter Tiefe. Doch insgesamt konnte mich der Roman emotional nicht für sich gewinnen. Im Gegenteil: Ich empfand ihn als langatmig, die Handlung wirkte ziellos. Es gibt nur sehr wenige Dialoge, was die Distanz zu den Figuren noch verstärkt hat.
Spannend und neuartig fand ich jedoch die gewählte Erzählweise: von der Gegenwart ausgehend rückwärts erzählt, wobei jedes Kapitel zeitlich weiter zurückgeht, aber in sich linear verläuft. Doch genau dieser Aufbau hat bei mir auch dazu geführt, dass ich oft den Überblick verlor. Die Kapitel sind lang, die Perspektiven wechseln, und jedes Mal, wenn ich mich gerade in eine Episode eingelesen hatte, wurde ich erneut in eine frühere Zeit geworfen. Das hat meinen Lesefluss empfindlich gestört – ich kam nie wirklich in den Text hinein. Ich denke, man müsste das Buch sehr konzentriert und langsam lesen, um alle Verbindungen zu verstehen – doch dafür hat mir persönlich die Motivation gefehlt.
Vielleicht waren meine Erwartungen einfach zu hoch, vielleicht war es nicht der richtige Zeitpunkt – aber für mich blieb der Roman seltsam ziellos. Auch die literarischen Mittel – etwa die rückwärts laufende Struktur – konnten das nicht auffangen. Im Gegenteil: Für mich fühlte sich das eher nach einer formalen Spielerei an, die dem Text mehr Tiefe verleihen soll, die aber in meinem Fall keine emotionale Resonanz erzeugt hat. Es tut mir leid, das zu sagen – aber von mir gibt es keine Leseempfehlung. Vielleicht probiere ich noch einen anderen Roman von Iris Wolff, denn ihr Stil hat zweifellos Qualität. "Lichtungen" jedoch konnte mich nicht überzeugen.
Fazit
Ein sprachlich ambitioniertes Buch, das mich emotional nicht berührt hat. Die Figuren blieben blass, die Handlung ziellos, der Aufbau verwirrte. Trotz der hochgelobten literarischer Qualität hat "Lichtungen" bei mir keinen bleibenden Eindruck hinterlassen. Deshalb 2,5 von 5 Sternen.