Cover des Buches Am Ende eines Sommers (ISBN: 9783821861203)
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Rezension zu Am Ende eines Sommers von Isabel Ashdown

Rezension zu "Am Ende eines Sommers" von Isabel Ashdown

von *Wölkchen* vor 14 Jahren

Rezension

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*Wölkchen*vor 14 Jahren
Wo der Titel „Am Ende eines Sommers“ noch Platz für die verschiedensten Assoziationen lässt – Sonne, Unbeschwertheit, Meer, Abschied -, illustriert das Coverbild äußerst passend die Atmosphäre des Buches: Zwei Jungen am Strand, ein Spiel von Licht, das sich auf dem Meer spiegelt, und Schatten, hervorgerufen durch die dunklen Wolken am Himmel. Hier zeichnet sich bereits ab, dass das Buch keineswegs von einer unbekümmerten Kindheit handelt, sondern dass den Leser eine Geschichte mit vielen düsteren Wolken erwartet. Isabel Ashdown entwirft in ihrem Roman die Geschichte einer Familie, abwechselnd erzählt von der Mutter Mary und dem Sohn Jake. Die Erzählung des dreizehnjährigen Jake umfasst dabei den Zeitraum von November 1984 bis August 1985, während Marys Geschichte weitaus früher, nämlich in ihrer eigenen Jugend im Jahr 1957 beginnt und sich sukzessive der Gegenwart des Romans, also 1985, annähert. Erst am Ende des Buches treffen die beiden Erzählstränge aufeinander. Doch nicht nur die Erzählperspektive, auch die persönlichen Perspektiven der Protagonisten wechselt sich ab, in diesem Fall schwere und hoffnungslose Zeiten - Mary ist alkoholabhängig, ihre Kinder sind auf sich alleine gestellt - mit unbeschwerteren, beinahe optimistischen Passagen, in denen sowohl die Beteiligten als auch der Leser Hoffnung schöpfen, dass das Familienleben doch noch die Schattenseite verlässt und ins Licht tritt. Insgesamt überwiegt jedoch eine triste Stimmung. Sehr eindrucksvoll schildert Ashdown, wie viel zu viel Verantwortung auf dem jungen Jake lastet, wie er versucht, mit den wochenlang andauernden Depressionen seiner Mutter und der Abwesenheit des Vaters umzugehen und sich und seinem jüngeren Bruder dennoch ein möglichst normales Leben zu ermöglichen. Gleichzeitig erfährt der Leser durch die Erzählung der Mutter, wie es überhaupt zu dieser Situation kommen konnte. Ein Geheimnis liegt in der Luft, verschiedene Andeutungen verführen zu eigenen Vermutungen, die jedoch durch die eine oder andere überraschende Wendung wieder revidiert werden müssen. Durch den Kunstgriff, Marys Geschichte im Wechsel mit der Gegenwart zu erzählen, liegt es in der Natur der Sache, dass zunächst vieles unklar bleibt und sich die Familiengeschichte erst nach und nach aus den einzelnen Puzzleteilen zusammensetzt. Doch auch am Ende des Buches bleiben leere Stellen, dafür gibt es scheinbar überflüssige Puzzleteile, die nicht recht in das Bild passen. Einzelne Personen und Handlungselemente bleiben farblos oder unerklärt. Beispielsweise ist der verschwundene Bruder Matthew eine weitestgehend unbekannte und nur ansatzweise skizzierte Person, wirklich relevant für die Handlung scheint er nicht. Handlungsstränge wie ein geisterhaftes Mädchen, das Mary in verschiedenen Situationen erscheint, werden nicht näher ausgeführt und lassen den Leser fragend zurück – weder ist klar, was die Autorin damit andeuten wollte, noch welche Bedeutung dieses Element für die Geschichte hatte. Hier wäre es meiner Meinung nach hilfreicher gewesen, das Bild aus weniger Puzzleteilen zusammenzusetzen, dafür die einzelnen Teile genauer und konturierter zu gestalten. „Am Ende des Sommers“ ist sprachlich leichte, inhaltlich jedoch schwere Kost, die fesselt und den Leser über die Lektüre hinaus beschäftigt. Keine Strandlektüre, sondern trotz einiger Ungereimtheiten ein tiefgehender und lohnenswerter Roman.
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