STORY
Für die junge Beatriz ist die Hochzeit mit dem verwitweten Gutsbesitzer und Agavenbauer Don Rodolfo keine Liebesverbindung, sondern vielmehr eine willkommene Gelegenheit, ihrer Mutter zu entkommen, nachdem der Vater von seinen politischen Gegnern getötet wurde. Nicht zuletzt fühlt sich Beatriz von den materiellen Vorzügen und der Macht angezogen, die sie als Gutsherrin einer Hazienda ausüben könnte, da ihr Mann aufgrund politischer Verpflichtungen faktisch mehr in der Hauptstadt weilt als auf dem Familienanwesen. Kaum in ihrem neuen Heim, der Hazienda San Isidro, angekommen, muss sie feststellen, dass ihr Mann ihr einiges verschwiegen hat. Weder seine Schwester, die der neuen Hausherrin offen ablehnend gegenübersteht, fand Erwähnung, noch der Schatten seiner ersten Frau, María Catalina, der spürbar noch das Anwesen überdeckt.
Als ihr Mann wieder in die Hauptstadt abreist, ist Beatriz gezwungen, sich allein mit dem Haus und dessen Bewohnern auseinanderzusetzen. Es kommt zu merkwürdigen Geräuschen und Ereignissen, die sich am Tag alle rational erklären lassen, doch in der Nacht überkommt sie das unheimliche Gefühl, nicht allein zu sein.
Während sich die Angestellten und die Dorfbewohner bezüglich María Catalina bedeckt halten, findet sie einen unerwarteten Verbündeten in dem jungen Pater Andres, der ebenfalls die unheimliche Präsenz in San Isidro spürt. Der Wunsch Beatriz zu helfen, sowie die zarten Bande, die zwischen ihnen erwachsen, lassen Andres wider besseres Wissen immer mehr Zeit auf San Isidro verbringen. Doch der Geistliche hütet selbst ein Geheimnis, das sein Verderben sein könnte.
MEINUNG
Mit „Die Hazienda“ präsentiert der Festa Verlag einen Geisterhaus-Roman, der sich von den hinlänglich bekannten Schauplätzen in den USA oder Good Old Britain wegbewegt. Der Schauplatz, das ländliche Mexiko, sorgt mit Unterstützung durch die Coverabbildung zumindest für ungewohnte Bilder vor dem inneren Auge.
Die Autorin Isabel Cañas baut ihren Roman sehr geschickt auf und fokussiert sich nicht ausschließlich auf die Gruselgeschichte, die für sich genommen nichts Neues bietet. Mit Elementen des Familiendramas, einer (verbotenen) Romanze und sogar des Psychothrillers – wenn es zur Frage kommt, wie die ehemalige Hausherrin zu Tode gekommen ist – wird die Schauermär auf interessante Art vertieft. Durch wechselnde Erzählperspektiven und gelegentliche Rückblenden verleihen der Geschichte zusätzlich einen puzzleartigen Charakter.
Dennoch bleibt die Hauptfigur Beatriz für den Leser trotz ihrer zahlreichen Schicksalsschläge oft kühl und distanziert, was dazu führt, dass sich das emotionale Wechselspiel, die sie im Verlauf der Handlung durchlebt, nicht ausreichend auf den Leser überträgt. Zudem tragen einige gestelzte Formulierungen und unnötig ausschweifende Metaphern zur distanzierten Künstlichkeit des Werkes bei. So erinnert „Die Hazienda“ in vielen Aspekten an Silvia Moreno-Garcias „Der mexikanische Fluch“.
FAZIT
„Die Hazienda“ punktet mit dem unverbrauchten Setting Mexikos, leidet jedoch unter einigen überflüssigen stilistischen Elementen, die die emotionale Wirkung mindern.